«Tony, you rock» – Filmportrait des Lombego Surfers

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40 Minuten dauert der Roadmovie «Tony, you rock». Auf fast 30 Jahre Bandgeschichte schaut der Lombego Surfer nun schon zurück. Der Mann, um denn es geht: Anthony Thomas.

Projektbeiträge

Er hat The Lombego Surfers Ende der 80er Jahre in Basel gegründet; seither ist er unermüdlich auf Tour, nimmt Platten auf, schreibt Songs. Anthony «Tony» Thomas war einst von der Ostküste der USA nach Basel gekommen, um klassische Laute zu studieren. Bei Jimi-Hendrix- oder Stooges-Konzerten in den USA war er zuvor mit dem Rock-Virus infiziert worden. Auch die Rolling Stones begeisterten den jungen Mann aus Boston. Wenig später kam der Punkrock.

Wer den Geist des Rock’n’Rolls – also nicht die Klischees und Albernheiten, sondern den wahren, untötbaren Kern, die Magie – nicht versteht oder verstehen möchte, der hat bei «Tony, you rock» eher wenig verloren. Ausser, er interessiere sich für ein Musikerleben abseits der bürgerlichen Konventionen und abseits der grossen Rockstars. Wer sich jedoch für den Musiker, Songschreiber, Menschen und Zeitzeugen Anthony Thomas und seine Philosophie interessiert, der setze sich bitte aufs Sofa und lasse Dosenbiere zischen. – Zisch!

Tony, you rock – ein Film von Matthias Willi © 2016
Tony, you rock – ein Film von Matthias Willi © 2016

«Die beste Band der Welt»

Der Basler Fotograf und ehemalige Punk-Sänger Matthias Willi hat kein klassisches Biopic über den Rock’n’Roll-Paten von Basel gedreht, sondern eine intime Momentaufnahme on tour, ergänzt durch wenige Interviews mit Weggefährten des 63-jährigen Bostonians. Im eher engen Bandbus der Lombego Surfers gab es sowieso nur noch einen freien Sitzplatz und für dickes Film-Equipment war kein Stauraum mehr da. Also.

Ist es ein Ein-Mann-Film geworden, der sich dem Ein-Mann-Phänomen annähert. Liebenswürdig und unprätentiös, unterhaltsam, witzig und ... viel zu kurz: 40 Minuten dauert die Reise mit Tony, also genauso lang wie ein Lombego-Surfers-Album. Das macht wiederum Sinn.

«In einer Dorfkneipe im Erzgebirge, nahe der tschechischen Grenze», sagte Matthias Willi kürzlich in der Tageswoche, «habe ich Musikfans getroffen, für die die Lombego Surfers die beste Band der Welt sind (die Szene ist im Film zu sehen, Anm.). Und sie sind keine Ausnahmen: So treue Fans findet man über ganz Europa verteilt». Dabei geht es nicht um Konzerthallen mit protzigen Boxentürmen, Dicke-Hose-Security und überteuertem Bier, sondern um Bars, Clubs, Keller. Dort rocken und surfen die Lombegos, und dort feiern die Fans den Moment und die Nacht.

Das Gegenteil eines Rockstars

«Don't Need Much» (Ich brauch nicht viel) heisst ein Lombegos-Song, geschrieben, gesungen und mit einem 76er-Punk-Riff von der Leine gelassen von Anthony Thomas. Seinen Namen sucht man auf den Platten vergebens. «Written and played by The Lombego Surfers» steht da, das reicht. Den Rest hört man ja: Es mag irgendwo auf der Welt eine ähnliche Band wie die Lombegos geben, aber es gibt keinen zweiten Anthony Thomas. Typen wie er werden nicht mehr gebaut.

Typen, die einfach ihr Ding durchrattern, hartnäckig, aber freundlich, manisch irgendwie, aber nie kaputt, minimalistisch und erlöst von der Dummheit der Menschheit, erleuchtet vom Geist des Rock’n’Rolls und des Punkrocks. Tony ist der freundlichste Mensch der Welt, Nichtraucher, keine Drogen, ein Gentleman in Turnschuhen, Jeans und Jeans- oder Lederjacke – das pure Gegenteil von Eitelkeit.

Das pure Gegenteil eines Rockstars. Ich brauch nicht viel, singt der Erste Lombego-Surfer im Song. Aber das dafür ums Verrecken.

Am Ende, glaube ich, geht es Tony darum, mit den Fans auf Augenhöhe die Urkraft des Rock'n'Rolls zu teilen. Nicht in Stadien, sondern: von Angesicht zu Angesicht, in kleinen Clubs mit hoher Schweissdichte. Tony schaut seinem Publikum oft direkt in die Augen. Er fordert vom Publikum das gleiche ein, was er ihm gibt: totale Hingabe. Dafür wurde der Rock'n'Roll schliesslich erfunden.

Natürlich ist der wahre Rock'n'Roll untötbar, er wird nie sterben. Kein Zombie, sondern der lebendige Geist. Wir haben das von Chuck Berry, Jimi Hendrix, Jim Morrison, Patti Smith, Neil Young und Lemmy Kilmister gelernt. Und lernen noch, von Anthony Thomas zum Beispiel, der im Song «My Style» klarmacht: «Got no money / I got style».

Eine bessere Parole ist bisher nicht ausgegeben worden.

Discography

Die komplette Discography der Lombego Surfers gibt es bei Discogs. (Für das allererste Vinyl-Doppelalbum At The Gates Of Graceland (1990) werden dort schnell mal 100 Euro fällig.)

Die meisten Platten sind im Mailorder oder im Laden von Flight 13 Records in Freiburg erhältlich.
Die neueren Releases sind an Konzerten der Band erhältlich.