Wilde – Raining Satellites: Mit Geschmack durch die Popgeschichte

Reviews
Wilde (c) 2014

Wilde steht für Gitarrenpop britischer Prägung. Auf dem dritten Album Raining Satellites kommt nun eine psychedelische Note ins Spiel der Basler Gentlemen-Band.

Album Review

So einen Einstieg muss man sich erst mal getrauen: «The Moment That We Met» ist nicht einfach ein Opener, sondern eine gravitätische Ouvertüre, die weit Richtung ProgRock ausschlägt. Die Gitarre legt leitmotivisch los und als der Gesang anhebt, dauert es ganze drei Zeilen, bis die grossen Versprechen formuliert werden: «I’ll shelter you, i’ll dry your tears, i’ll be there for you.» Im Refrain segeln raumgreifende Streicher ein, und so geht das dann acht Minuten lang, in denen auch Chorpassagen und singende Gitarrensoli Platz finden sowie ein kleines Space-Rock-Orchester fürs Schlussraunen. Hui.

Dann folgt das Titelstück, und wem dieser jangelnde Ohrwurm nicht nachläuft, der schlägt wahrscheinlich auch einen Bogen um Ray Davies (The Kinks) und Paul Weller (The Jam). Ist ja bloss grosse britische Songschmiedekunst.

Bewahrer der Basler Britpop-Tradition

Bandleader Matthias Wilde ist natürlich ein Kenner der Materie. Als ehemaliger DRS3-Redaktor und Konzertveranstalter in der Kaserne Basel kennt er sich in der Popgeschichte aus. Und wie ein anständiger Song in der Praxis funktioniert, hat er spätestens als Sänger der Coverband Hi-Tones erfahren. Ihm zur Seite stehen Gitarrist Andreas Hidber (aktuell auch bei Tay/Son aktiv), Drummer Martin Bammerlin und am Bass Remo Leupin, der schon bei den Arhoolies die vier Saiten bediente.

2006 brachte Wilde mit A Drug For Every Pain ein erstes Album unter eigenem Namen raus, vor zwei Jahren folgte Stand And Stare. Beide Songsammlungen klangen nach klassischem Pop britischer Prägung: grosse, potentiell Massen bewegende Melodien in raffinierten, mit Sinn fürs Detail ausgearbeiteten Arrangements. Das passt zur einer zentralen Figur der Basler Musikszene, denn hier haben britisch geprägte Klänge eine lange Tradition.

Auch Raining Satellites dreht sich ungeachtet von Prog und Psychedelik um Melodien, nicht nur im Gesang, der in Refrains aussergewöhnlich stimmig im Chor vorgetragen wird, sondern auch bei der Gitarrenarbeit. Die klingt auch mal schön schroff, denn hinter der Wohlklangwand drückt eine Rockband, deren Drummer auch mal ein bisschen weiter ausholen darf.

Zeitlos kleidsam

Zwischendurch besucht man auch mal Onkel Folk Rock («Dry Land») und die Beatles in ihrer Spätphase («Lost & Found»), von ferne grüsst der junge Bowie. Neben einer Hammond findet verschiedentlich auch ein Mellotron Verwendung – ein Instrument, das in der Rockgeschichte nie die ihm gebührende Würdigung fand.

Raining Satellites ist eine altmodische Platte. Trotz gelegentlich prozessierten Beats gibt es kaum Anknüpfpunkte zu aktuellem Musikschaffen. Hier bewegen sich gestandene Männer kenntnisreich und geschmackssicher durch die Popgeschichte und produzieren dabei ein Album, das aus der Zeit gefallen scheint. Es ist wie mit der Garderobe: Ab einem gewissen Alter mag man nicht mehr jedes halbe Jahr die neusten Trends in den Schrank hängen, sondern setzt auf einen zeitlos kleidsamen Stil. So ähnlich ist das mit diesem Album: Die Songs sitzen, der Sound passt.

Wilde - Raining Satellites Cover

Wilde – Raining Satellites

(Autolift Records / Fontastix) ist am 5. April 2014 erschienen und bei Fontastix erhältlich.

WILDE SIND:

Matthias Wilde (voc, keys, git), Andreas Hidber (git, voc), Remo Leupin (bs, voc) und Martin Bammerlin (dr, voc).