Geprügelte Hunde tanzen nicht: Züri-Punk Rams’ neue LP

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Rams © 2014
Rams © 2014

Beaten Up Dogs Don’t Dance: Rams ist zurück und wirft ein cooles Album auf den Flipperkasten. Sein neues Label: Lux Noise Records Basel.

Album Review

Die unnachahmliche Stimme des Ur-Züri-Punkrockers und Bucks-Frontmanns erkennt man immer noch sofort und ohne jeden Zweifel: very tiefer gelegt, cockney-brummend rau, angepisst lässig und damit im besten Sinne das Schwamendinger Gegenstück zu Billy Idol (Generation X) oder Jimmy Pursey (Sham 69). Veröffentlicht wird die neue Platte aber in Basel. Wie kommts?

Zuerst aber: Rams stieg schon 1977 bei der Zürcher Punk Band Nasal Boys ein, kurz nachdem die Band als Opener beim legendären The Clash Konzert im Zürcher Kaufleuten gespielt hatte (und laut Rams auch viel besser war als die britischen Über-Punks). Mit The Bucks, seiner dritten Band (nach Nasal Boys und Expo), holte Rams den höchst persönlichen Bühnen-Opener für The Clash dann am 25. Februar 1984 in der Festhalle Bern nach. Punkrock wäre in der Schweiz und international – und in Zürich sowieso – einiges anders wahrgenommen worden ohne Rams und ohne The Bucks.

Nostalgie? Nicht Ramses Sache

Doch Nostalgie ist ein blödes Parfüm und nicht Ramses Sache, no Sir! Leider lag seine Band The Bucks nach dem gesundheitsbedingten Weggang des grossartigen Schlagwerkers Päde «Schletzer» Scherrer auf Eis. Nun ist Rams aber wieder und weiter im Geschäft, mit seiner neu formierten Band R-A-M-S, die da ist: Er selber an Bass und Gesang, Philip Zeman an der Gitarre und Pidi (ex Hellmute) am Schlagzeug.

Weil es nicht mehr viele ehrliche Häute im (Schweizer) Rock-Geschäft gibt, fand der letzte Proletarier des Punk Rocks sein neues Plattenlabel in Basel bei Lux.-Noise Records. Lux.-Noise ist ein mittlerweile gut geöltes Kollektivlabel, das die Platten der Basler Bands Bitch Queens, The Jimmy Miller Incident, Dogs Bollocks und Mother Razorblade, der Aargauer The Vibes, der Winterthurer Gloria Volt, der Innerschweizer Wolf Wolf oder der Zürcher Band Baby Jail herausgibt (Und: Lux.-Noise Records hat im letzten Jahr den BusinessSupport des RFV Basel gewonnen).

Der grosse Stoiker mit dem dicken Punk-Rückgrat

Schliesslich war es Lux.-Noise-Mitbetreiber Michael Hediger, der mit Rams (links im Bild) per Handschlag den Deal besiegelte. Am 29. August 2014 ist das R-A-M-S-Album Beaten Up Dogs Don’t Dance nun in der Schweiz erschienen. Doktor Fisch hat schon mal reingehört. «Easer Taker» eröffnet diesen auf wärmender Holzkohle brutzelnden Brocken ledrigen Fleischs namens R-A-M-S-Album. Ein dicker Bass übernimmt nach schnellem Drum-Intro das Kommando, und wenig später fragt Rams dann mal so als netten Einstieg ins seltsame Jahr 2014 hinaus: «How do you feel today? / easy money maker / people lose and pay / you’ll be the taker.»

Hochmut kommt vor dem Fall, heisst es später in Richtung des arroganten Geldmachers, der auf Kosten des Volkes seinen selbstherrlichen Tanz tanzt. Leichtes Geld machen heutzutage einige; an der virtuellen Börse, bei globalen Konzernen des Massenkonsums, im weiten lustigen Internet, in diskreten Anwaltskanzleien, in der Politik. Und da niemand anders dagegen anrockt, muss es eben Rams – der grosse Stoiker mit dem dicken Punk-Rückgrat – machen.

Weiter geht es mit dem Titelsong «Beaten Up Dogs Don’t Dance»: Leichtfüssig, aus der kreisenden Hüfte in slow motion ballernd und komplett entspannt zornig erklärt Rams seine Vorliebe fürs Nicht-Tanzen – denn nach der Pfeife der Autoritäten und Obrigkeiten hat Rams sowieso noch nie getanzt und das bleibt selbstverständlich so. Dass man zum Song so schön mitsingen kann – eine oft unterschätzte Stärke des frühen englischen Arbeiter-Punks Marke Sham 69, UK Subs oder The Damned (oder eben The Bucks/Rams) – macht das Album von Beginn weg zu einem gutgelaunten, lauten Familienausflug mit der Billy-Idol-Faust vor der Nase, falls sich dummerweise jemand in den Weg stellen sollte.

Rams ist nicht nominiert ...

Rams hat den falschen Leuten schon immer vor die Füsse gespuckt, mit einem unfreundlichen Lächeln im Gesicht, und so macht er es auch im ironischen Song «Am I Nominated?» Das wäre ein schönes Bild: Rams und DJ Antoine bei den Swiss Music Awards auf derselben Bühne, ha! Zum Glück nicht. Eher schaut sich Bär M 25 fröhlich wippend im Studio das Sportpanorama mit Michael Hüppi an, als dass Rams für die TV-Nation den Hengst macht.

«What Kinda Language Do You Speak» klingt dann nach Sex Pistols. Und im zurückgelehnten Song «Ain’t Good Enough – Ain’t Bad Enough» seziert Rams das kaltherzige Ding namens Liebe/Beziehung. – Ja, manchmal macht das alles nicht so recht Sinn, diese Sinnsuche, vor allem nicht die gemeinsame Sinnsuche mit den ungemein vielen Fragen.

16 Songs (CD; auf der LP sind es 12) sind auf dem perfekt abgehängten Album, das in einer Stunde schneller durch ist als ein WM-Spiel.

Let’s go for nothing!
Geprügelte Hunde tanzen nicht. Hunde tanzen eigentlich überhaupt nicht. Ausser für Herrchen. Und das hat Rams ja nicht. Die Neue Zürcher Zeitung hatte Rams vor zehn Jahren mal einen «liebenswürdigen, sturen Bock» genannt (das ist die NZZ ja selber auch), der sich nie und niemandem verkauft habe. Daran hat sich nichts geändert, auch jenseits der 50er-Altersgrenze nicht. Und auf dem Album Beaten Up Dogs Don’t Dance sowieso nicht.

Man muss ja nicht immer zu Iggy Pop pilgern, oder? Also, hört hin, geht hin. Oder wie es Rams im gleichnamigen Song eigentlich noch besser sagt als die damalige Punk-Bewegung mit dem Slogan «No Future»:

Let’s go for nothing!

But let’s go. Danke.

Rams – Beaten Up Dogs Don't Dance (Cover) © 2014
Rams – Beaten Up Dogs Don't Dance (Cover) © 2014

R-A-M-S – Beaten Up Dogs Don’t Dance

(Lux.-Noise Records/Non Stop Music CH) ist am 29. August 2014 als CD, LP und digital erschienen.

Website

The Bucks
Dann doch noch ein Gassenhauer von den Bucks: «UhhDabbaDabbaDa» (1982)

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