Klaus Johann Grobe – Spagat der Liebe: Auf Zeitreise ins Jetzt

Reviews

Während am 6. Mai 2016 ihr zweites Album – Spagat der Liebe – das Licht der Welten erblickt, bereiten sich die drei von Klaus Johann Grobe gerade in Cincinnati/Ohio auf ihren Auftritt im Motr Pub vor. Eine Band aus Basel/Zürich, mit astrein hochdeutsch vorgetragenen Texten, auf Tournee in den USA: Ja wo gibt’s denn so was? Hier! Was unsere gelernte Fachkraft in Köln, Benjamin Walter, von der Musik dieser Enkel des Wirtschaftswunders hält: ebenfalls hier!

Album Review / RegioSoundCredit

Wer mit beiden Beinchen und auch dem restlichen Körper so dermassen fest in der Realität verankert ist (wie beispielsweise ich), für den/die ist das neue Album von Klaus Johann Grobe eine kleine Herausforderung.

Verdacht: Diese beiden Künstler aus Zürich und Basel haben sie nicht mehr alle. Oder zu viel von irgendwas. Ich meine das wirklich nicht negativ, sondern aufrichtig verwundert. Wie sich auf dem neuen Album des songschreibenden Duos (live sind sie zu dritt) psychedelische Elemente, Krautrock, Elektro, Opis Heimorgel, ein gewisser Hang zum Schlager und seinem elitären Bruder, dem Chanson und zusammenassoziierte deutschsprachige Texte zu einem völlig eigenen künstlerischen Ausdruck verbinden, das ist so aussergewöhnlich wie herausfordernd und in der Summe dann verdammt gut anzuhören.

Klaus Johann Grobe © Manu Meyer 2016
Klaus Johann Grobe © Manu Meyer 2016

Aus der Zeit gefallen – um Jahre voraus

Eine Art warmer analoger Vintage-Techno mit dem Groove eines Justus Köhncke, irgendwie völlig aus der Zeit gefallen und ihr damit wieder um Jahre voraus. Solche Typen haben es zuhause natürlich immer schwer und deshalb haben Klaus Johann Grobe – gegründet 2011 – auch direkt eine ganz erstaunliche internationale Karriere gestartet, noch bevor sie in der Schweiz oder Deutschland so richtig bekannt geworden sind. Europaweite Touren und Festivals und ein cooles Label aus Chicago (Trouble in Mind) geben den Musikern ein Image als internationale Player, und der Sound funktioniert trotz der verschrobenen (aber eben auch einfach und rhythmisch gereimten) Texte halt auch in London, Mailand oder Paris. Weil Groove nun mal überall dort funktioniert, wo Menschen bereit sind, ihren Arsch zu bewegen.

Songs wie «Pure Fantasie» oder «Geschichten aus erster Hand» sind musikalische Aufforderungen, den Kopf mal schlafen zu legen und die Kontrolle abzugeben, an etwas, das grösser ist als Vernunft und Intellekt, nämlich an den Rhythmus, die Melodie und den mächtigen Bass. Ein paar altmodische Drogen zur Unterstützung können dabei nicht schaden, müssen aber ausdrücklich auch nicht sein.

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Dabei bewahrt sich die Band aber immer eine spielerische, fast kindliche Unbekümmertheit, mit der sie die herzliche, aufrechte Freude einer privaten Party im Hobbykeller der 70er Jahre (obwohl da noch niemand von der Band gelebt hat) auf die oftmals etwas kalten Tanzflächen unserer Zeit bringt, ohne dabei auf musikalischen Anspruch zu verzichten.

Denn dass sich hier auch an den ganz Grossen wie Kraftwerk oder auch Klaus Dinger (Neu!, La Düsseldorf und natürlich Kraftwerk) orientiert wurde, hört der popmusik-historisch gebildete Musikhörer schon. Nur drängt sich dieser Eindruck nicht auf, sondern ist integraler Bestandteil der Musik, man spürt ihn eher, als man ihn hört.

All das macht Spagat der Liebe zu einem grossartigen, sehr ungewöhnlichen Album für alle Tänzer mit Seele und alle Zeitreisenden.

Klaus Johann Grobe – Spagat der Liebe (Cover)
Klaus Johann Grobe – Spagat der Liebe (Cover)

Klaus Johann Grobe – Spagat der Liebe

(Trouble in Mind USA/Cargo Records Inhouse D/Irascible CH) ist am 6. Mai 2016 mit einem Beitrag des RegioSoundCredit des RFV Basel erschienen und als LP, CD und digital erhältlich.

Klaus Johann Grobe sind: Sevi Landolt (key, syn, moog, voc), Daniel Bachmann (dr, voc) und Stephan Brunner (bs).