Mantocliff – Umbilical: Finesse statt Wucht

Reviews

Musik wie eine elektrisierte Blumenwiese, attestiert das Management Radicalis Music seiner neuen Basler Band Mantocliff. Einer Einschätzung, der wir gar nicht erst widersprechen wollen, denn: Der Erstling der sechsköpfigen Formation um Sängerin Nives Onori und Bassist Jan Sutter ist ebenso vielschichtig wie toll geraten.

Album Review / RegioSoundCredit

«How loud can a love song be?», fragen Mantocliff im ersten – und betont innigen – Song ihres ersten Albums. Die im Herbst 2015 gegründete Band spricht nach eigenen Angaben damit aber nicht nur die akustische Lautstärke an, sondern auch «Reichweite und Bedeutung von Liebe und Musik». Gleichwohl: Ihre Vielschichtigkeit erzielen Mantocliff auf verschiedenste Weise und Wege, aber fast nie mittels Wucht. Lieber schon mit Finesse.

Zusammengefunden haben die sechs Basler insbesondere aus drei Gründen: «Weil wir gerne musizieren, das Gleiche ausdrücken wollen und in etwa den gleichen Geschmack teilen». Mantocliff schwebte ein kompakter und stark produzierter Sound vor, bei dem elektronische und akustische Musik auf möglichst homogene Art und Weise in Verbindung gebracht werden. Das Ergebnis ist keine fixe Grösse und die Musik von heute entspricht wohl kaum jener von morgen: «Momentan schreiben wir weitere Songs und wollen zukünftig energetischer und dynamischer werden», erklären Sängerin Nives Onori und Bassist Jan Sutter.

Mantocliff – Umbilical (Cover)
Mantocliff – Umbilical (Cover)

Überzeugen, ohne zu protzen

Aber zum Debut Album: Auf diesem schürfen Mantocliff durch den ästhetischen Pop und suchen nach Ausdrucksformen, die sich so eingraben, dass sie haften bleiben. «These Words», ein Stück über die Schwierigkeit, jemanden zu lieben, während man in der eigenen Gedankenwelt feststeckt, wartet mit besänftigenden Bassläufen, leise wirbelnden Beats, geschichteten Keyboard-Sequenzen und hintersinnendem Gesang auf (Video siehe unten, Regie: Brigitte Fässler). Der anschliessende Titelsong, «Umbilical», setzt dagegen auf Bläser, mehrstimmige Harmonien, vertrackte Rhythmen und Liedstrukturen, die sich nach Momenten der Anspannung selbst befreien. Eine stilistische Bandbreite, die nicht protzt, sondern überzeugt.

Mantocliff koppeln auf ihrem Erstling nicht zuletzt Orchestrales an ätherische Instrumentierung. Das mündet in verwinkelten Klanglandschaften, die von Onoris Stimme immer wieder aufs Neue gefärbt und geformt werden. In «Nebbio» perlt das Piano und die Band scheint am Jazz zu rühren und kurz durch den Blues zu waten. Das nimmt die Frontfrau zum Anlass, ihre Vocals treiben zu lassen, was ebenso zweiflerisch wie kraftvoll anmutet. Das erzeugt Reibung, das lebt, das zehrt.

«From Two To One», der abschliessende Song, beginnt mit verträumter Akustikgitarre. Die Stimmung ist folkig, es geht einmal mehr um Gefühlskapriolen («and now I love both/him and the other/and I sense both the pillow and the cheek») – und endet in warmen Posaunentönen und einem letzten Hauchen. Geradezu besinnlich.

Bauchgefühl samt Fleisch und Knochen

Die Vision des Albums habe sich konstant gewandelt, von der Vorproduktion über die Studioaufnahmen bis hin zur Nachproduktion, so Mantocliff. Erst zum Schluss hin wurden etwa noch die Streicher für «These Words» eingespielt oder mancherorts wieder reduziert und entschlackt. Und das überaus geschmackssicher, denn: Der Longplayer ist nicht überfrachtet, offeriert Platz zum Verschnaufen und Nachhallen und eine Fülle an getragenen Songs, die ein wenig Licht in die Nacht tragen.

Weil Mantocliff noch eine junge Band sind, ist die Zahl ihrer gemeinsamen Konzerte bislang überschaubar. Für das laufende Jahr hat man sich vorgenommen, möglichst oft aufzutreten. Auch, weil man sich als Live-Band noch stärker finden möchte. Und: «Unsere Musik richtet sich nicht bloss an uns selbst. Wir wollen damit mit Menschen in Kontakt kommen – und einen Austausch erleben», bekräftigen Mantocliff. Am renommierten Zermatt Unplugged Festival konnte die Band dies gerade erst bestätigen. Next Stop: m4music in Zürich.

Die letzten Frage gebührt dem Albumtitel, «Umbilical», der auf den Nabel anspielt, drum: Wo liegt denn dieser bei Mantocliff begraben? «In der Nähe des Bauchgefühls, eingemittet in Fleisch und Knochen». – Das kommt hin.

Mantocliff – Umbilical

(Radicalis/Soulfood Music) ist am 4. März 2016 mit einem Beitrag des RegioSoundCredit des RFV Basel als CD und digital erschienen.

Mantocliff sind:
Nives Onori (voc, p, git), Jan Sutter (bs, progr), Michael Anklin (dr, perc), Johannes Maikranz (git), Raphael Rosse (tb, euph, syn), Victor Rosse (tpt, syn).

Play Video