Last Leaf Down – Bright Wide Colder: Entrückt und doch fassbar

Reviews
Last Leaf Down © 2017
Last Leaf Down © 2017

Vor zehn Jahren haben sich Last Leaf Down zum Richtungswechsel entschieden. Seither huldigen die Solothurner aus Beinwil nicht mehr dem Dark Metal, sondern pflegen den Shoegaze. Mit Bright Wide Colder veröffentlicht die Band jetzt ihr zweites Album beim deutschen Label Lifeforce. Darauf spielen sie mit Farben und Stimmungen – und zwar gekonnt. Kurz nach der Plattentaufe in der Biomill Laufen nun endlich die Review.

Album Review

«Wir sind aus einem sehr kleinen Dorf in der Schweiz. Und stehen für einen sphärischen Sound, eine melancholische Grundstimmung und viele Emotionen», umschrieb Benjamin Schenk 2014 seine Band Last Leaf Down gegenüber einem deutschen Musikmagazin. Damals hatten die Beinwiler gerade ihr Debüt, Fake Lights, veröffentlicht. Jetzt legen sie mit Bright Wide Colder ihr zweites Album vor. Und wir stellen fest: Das Quintett ist seinem Soundverständnis treugeblieben.

Mit einem Demo auf YouTube sprang der Funke über

Was nicht heissen soll, dass sich Last Leaf Down nicht weiterentwickelt hätten, im Gegenteil. Nach wie vor mischen sie Post Rock mit Shoegaze, nur präsentiert sich dieser jetzt noch dichter und atmosphärischer. Gegründet wurden Last Leaf Down 2003, um dem Dark Metal zu frönen. Als der damalige Sänger, Thomas Ryf, vier Jahre darauf ausstieg und durch Benjamin Schenk ersetzt wurde, richtete sich die Band stilistisch neu aus. Nachdem die Schwarzbuben 2011 eine erste EP auf den Markt gebracht hatten, stellten sie zwei Jahre später eine Demoversion ihres Songs «Fake Lights In The Sky» auf YouTube und versahen diesen mit dem Tag «Shoegaze».

Ein kluger Schachzug, denn: Die Musikgattung, die sich Mitte der 1980er-Jahre dank Bands wie Slowdive zu etablieren wusste, verfügt immer noch über viele Anhängerinnen und Anhänger. Bis März 2017 wurde das LLD-Video knapp 200 000 Mal aufgerufen. Der Erfolg auf den sozialen Medien – auf Facebook verfügt man mit über 43 000 Likes über mehr Fanbase als jede andere Basler Band; in Mexiko gibt es gar eine FB-Fanpage – dürfte ebenfalls dazu beigetragen haben, dass LLD 2014 vom Leipziger Label Lifeforce Records unter Vertrag genommen wurden. Bei diesem erscheint nun auch der Zweitling.

Last Leaf Down © 2017
Last Leaf Down © 2017

So schwermütig wie sinnierend

Purple Skies», der Opener, taucht auf diesem wie aus dem Nebel auf: langsam, unbestimmt und mit suchender Gitarre. Nur, um nach zwanzig Sekunden mit Wucht, Bestimmtheit und muskulösen Rhythmen aufzudrehen. Benjamin Schenk singt gegen die Sound-Wogen an und klingt dabei so schwermütig wie sinnierend. Mal falsettiert und jubiliert er, mal treibt es ihn hin zum Dunklen. Es ist ein konstantes Spiel mit Farben und Stimmungen, wobei: Diese muten eher herbst-, denn sommerlich an. Auch im Track, «Ghost Trails», entspinnt sich sogleich ein Sog der Gefühle: Er suche nach Geisterpfaden, lässt Frontmann Schenk im Lied wissen, und huldigt damit einer unüberhörbaren Hoffnungslosigkeit.

Songs wie «Dust», «Deaf Heart» oder «Cold Wind» verbreiten keine Sonnenstrahlen, gleichwohl haftet der Musik von LLD etwas Wärmendes an. Als ob die Songs eigens dazu kreiert worden seien, sich gegen eine kommende Kälte zu wappnen. Die Lichtblicke sind zwar selten, dafür wohlgesetzt: Es sind Momente, in denen – wie im hymnischen «Anything» – der Wahrheit ins Auge geblickt wird.

Auch das abschliessende und in sich gekehrte «Transcend» bringt zum Ausdruck, dass sich am Horizont möglicherweise ein Silberstreifen abzeichnet. Mit der Platte offenbaren Last Leaf Down nicht nur entrückte, sondern zugleich fassbare Musik, die sich als ebenso vielschichtig wie nachhaltig entpuppt.

Last Leaf Down – Bright Wide Colder (Cover)
Last Leaf Down – Bright Wide Colder (Cover)

Last Leaf Down – Bright Wide Colder

(Lifeforce Records) erscheint am 31. März 2017 als CD und digital.

Last Leaf Down sind:
Danny «Bruno» Dorn (bs), Sascha Jeger (git), Benjamin Schenk (voc, git), Pablo Echague (git) Tobias Herzog (dr, ex Reding Street).

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