Audio Dope – (self-titled): Love is in the air

Reviews

Lange Rede, kurzer Sinn – 2018 erscheint nun endlich Audio Dopes heisserwartetes Album. Wir beginnen aber mit dem Label, das Audio Dopes Musik digital in der Welt feilbietet.

Album Review / RegioSoundCredit

«Swiss quality!» labelte der YouTube-Channel Majestic Casual den Track «Harmony» von Audio Dope. Das war im Sommer 2012. Majestic wer? Majestic Casual, Liebhaber der eher sanfteren elektronischen Musik und in Stuttgart beheimatet. Im Herbst 2013 gab Majestic Casual den ersten Sampler heraus (Chapter 1); die Records-Abteilung war geboren. Auf YouTube erreicht Majestic Casual mittlerweile 3,7 Millionen Abonnenten und die Macher haben auch diversifiziert: Majesticgallery kuratiert auf Instagram hochgeladene Fotos von Userinnen und Usern, Majesticevents ist genau in dem Segment tätig, Majesticstore vertreibt eigene Platten und Klamotten und 2017 ist das erste Printmagazin Majestic Journal erschienen. Klingt alles nach einer organisch gewachsenen Do-it-yourself-Spielwiese mit ziemlich viel Charme. Und weiteren Plänen.

Und – lange Rede, kurzer Sinn – 2018 erscheint nun endlich Audio Dopes heisserwartetes Album in Zusammenarbeit mit, genau, Majestic Casual Records und der Homebase des 26-jährigen Basler Wunderkinds, Radicalis Music Basel.

Audio Dope © Flavio Karrer 2017
Audio Dope © Flavio Karrer 2017

Tiefenwirksam und oberflächentauglich

Das selbstbetitelte Album zeigt auf dem Cover Audio Dopes/Mischa Nüeschs Kopf mit Joghurt oder Malerfarbe im Gesicht, feat. Rollkragenpullover und Pagenschnitt. Alles in dezenten Grautönen. Das passt perfekt zum eher nerdigen Image des hochkonzentrierten Basler Producers, der seit 2010 an seinem Klang-Kosmos schraubt. «Bei Audio Dope», hiess es bei der Nominierung zum Basler Pop Preis 2017, «gehts nicht so sehr um dicke Beats, sondern um Klänge für die beste der denkbaren und tanzbaren Welten.» Und: «Audio Dope sticht aus dem weiten Meer der technoiden Musik heraus: mit organisch-warmen Sounds, flirrenden Samples, verspielten Kompositionen mit Pop-Appeal, eleganten Vocal-Einsprengseln und Schnittstellen zur audiovisuellen Welt.»

(Dabei, kurzer Einschub, dabei hatte Audio Dope bereits an der RFV-DemoClinic 2014 mit «Cream» einen virtuosen Ohrwurm eingeliefert, aber leider nicht gewonnen. 2015 brachte er mit seinen Kumpanen von Anti Radio, Kuzco, Vinz & Zois, eine Instrumental-LP raus und 2016 klappte es für Audio Dope an den der Demotape Clinic des m4music in Zürich mit dem Electronic Award. Kuzco aka Benjamin Keys wiederum zog nach Hollywood, ist aber bei drei Tracks auf dem Album mit dabei).

Die zwölf Tracks des Album beweisen Audio Dopes spezielle Qualität auf relaxte, unaufgeregte Art. Natürlich ist diese Musik im Herzen sehr clever und hat viel Tiefenwirkung, aber an der Oberfläche kann trotzdem jeder Hipster und jedes Chick einfach locker mitschnippen. Will sagen: Audio Dope erreicht viele Menschen, auf unterschiedliche Weise. Wie er das macht ist sein Geheimnis. Immerhin können sich die mittlerweile 820 000 Spotify-Hörer*innen der ersten Single «Floating» nicht irren.

Musik für Parks und Schlafzimmer im Dämmerlicht

Das Album bringt fernöstlich angehauchte Tracks wie «Park» oder «Pai Mei» in die Stube, klingt auch mal melancholisch mit Gitarre versüsst («Never Let Her Go»), ist absolut küstenwettertauglich («Shore Leave»), brutzelt tief dank dem ultra-mellowen Fingerschnacker «Broadway Market», hat mindestens zwei Hits («Floating» und «Unconditional feat. Emilia Anastazja») und geht nicht ohne einen heiseren, smoothen Rap-Titel nach Hause: Mit «Dawn» feat. Ryler Smith kehrt Audio Dope nochmals zu seinen eigentlichen Beat-Maker-Wurzeln, dem Downtempo-HipHop zurück.

Alles in allem: ein eigenwillig-chilliges, lazy flirrendes Album aus der wundersamen Kreativlaborküche Audio Dope. Sweet und unbeschwert – und doch komplex. Catchy sind viele der Melodien auf dieser Platte, freundlich der Beat, witzig die Stimmen-Geräusch-Samples, beruhigend die flirrenden Gitarren- oder Pianofiguren, flockig die Handclaps.

Musik für Schlafzimmer im Dämmerlicht und aus der Zeit gefallene Nachmittage im Park, wo irgendwo im Gras ein vergilbtes Polaroidfoto von Wolfgang Tillmans Party-Nacht in den 90er-Jahren rumliegt. Love is in the air.

Audio Dope – Gewinner Pop-Preis 2018
Audio Dope – Gewinner Pop-Preis 2018

Audio Dope – self-titled

(Majestic Casual Records/Radicalis Music) ist am 2. Februar 2018 als LP und digital mit einem Beitrag des RegioSoundCredit erschienen. 

Discography
2012: Chameleon
2013: Anthophobia
2015: Solar
2015: Anti Radio
2016: Instant Noodle Soup
2018: Audio Dope