Mono Mojo – Graveyard Melodies: Alles andere als morbider Blues

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Mono Mojo live © 2017
Mono Mojo live © 2017

Mono Mojo bringt ein Jahr nach seinem Debütalbum Locomotion bereits ein neues, blitzendes Schwert im Kampf gegen Elend und Einsamkeit an den Start. Graveyard Melodies heisst es und erscheint bei Sixteentimes Music Basel. Es ist voll elektrifiziert und wird am 21. Dezember 2018 im Hirscheneck Basel getauft. Soweit die Fakten.

Album Review /

In diesen Tagen wird ja bald ein christliches Baby zum 2018 Mal geboren (24.12.), davor aber bringt jemand anders sein Baby zur Welt (21.12.). Mono Mojo heisst er, Allein-Besinger und –Bespieler der Spelunken und Einbahnstrassen dieser Welt. Seine Weihnachtskrippe ist das Knochenfeld der Friedhöfe. Hereinspaziert!

«Blues is happy music» hat Townes Van Zandt mal gesagt und meinte damit, dass es ihm schlechter ginge, als er es mit einem Bluessong ausdrücken könnte. «I have nothing but the blues» singt Mono Mojo (so hab ichs jedenfalls verstanden) im ersten Song, «Black Handed Blues», auf dem neuen Album. Das ist einerseits traurig, wenn man nichts anders hat im Leben – andererseits ist der Song ziemlich schön arrangiert, mit zaghaften Drums, elektrifizierter Gitarre, wummriger Orgel und klagender Harp.

Neue Songs mit grösserer Spurweite und viel Freiheitsdrang

Das Geheimnis des Blues’: Traurige Songs verströmen trotz alle dem viel Hoffnung, Mut und Zuversicht. Elend via Klage in Trost zu verwandeln ist vielleicht die elementarste Kraft aller «schwarzer» Musik von Blues über Gospel bis Jazz und Soul (und früher mal Rap), und darum können Weisse den Blues ja auch nicht singen. Weisse nehmen den Blues viel zu ernst, sie koppeln ihn ab von seiner Herkunft, dem Leiden nämlich, der Liebe, der Hiebe, der Arbeit, Cotton Fields. Wahrscheinlich hat Townes Van Zandt auch das gemeint mit der «happy music».

Mono Mojo hat sein Repertoire des rein akustisch dargebrachten rohen Blues' kräftig ausgebaut, hat quasi diversifiziert. Jedenfalls hat er ein Jahr nach seinem Album Locomotion mit Graveyard Melodies bereits ein neues, blitzendes Schwert im Kampf gegen Elend und Einsamkeit am Start. Von Locomotion haben wir alle noch den wunderbaren Song «No Return» im Ohr, eine akustische Umarmung. Die neuen Songs brauchen eine grössere Spurweite und die Geleisearbeiten sind glücklicherweise kurz vor Weihnachten fertig geworden.

Mono Mojo © 2017
Mono Mojo © 2017

Ein herrlich groovendes, unperfektes Fest der Drop-outs und Blues-Berserker

«Bourbon Sky», der zweite Song, imitiert fast schon die easy-listening-Orgel von Ray Manzarek (The Doors). Das gibt dem croonigen Song etwas wackelig Gentleman-likes: Raus aus der Spelunke, rein ins Scheinwerferlicht!

«Leave This Town» zerrt dann die wilden Southern-Rock-Hippie-Klamotten aus Opas Wandschrank und hastet über die Steppe wie seinerzeit der Wolf. Städte – man hatte ja schon lange den Verdacht – sind vor allem dazu gebaut worden, um sie nach einer kurzen Inspektion fluchtartig wieder zu verlassen. Denn der aus der Zeit gefallene Freiheitsdrang dieser Musik von Mono Mojo passt nicht in Fussgängerzonen, numerierte Parkfelder und in den urbanen Mix aus steriler Glas-, Metall- und Betonwelt einerseits und der aufgehipsterten, schönen neuen Welt der Mittelklasse-Problemchen andererseits.

Sieben Songs gesellen sich auf Graveyard Melodies zu einem herrlich groovenden, unperfekten Fest der Drop-outs, Blues-Berserker und Spätaufsteher*innen. Deshalb ist der 21. Dezember als Release-Tag gar nicht schlecht gewählt, oder? Wenn nämlich nach dem 25. Dezember die grosse Öde und Leere beginnt, werden einige von uns ganz dringend ein paar Songs von Mono Mojo zum Knabbern brauchen.

Von einer morbiden oder verrottenden Aura der Friedhofssongs ist das Album aber weit entfernt; der erste Blick aufs Albumcover täuscht. «Neighbour» etwa groovt ordentlich in die Gelenke, lässt die Gitarre heulen und zitiert doch noch das Friedhofsthema vom Albumtitel: «Sometimes I wish I was dead», etc. Blues-Punk mit Saxophon, soll mal eine*r nachmachen!

«Peace» rudert wieder in hippie-eskeren Gewässern rum, nomen est omen, und ganz zum Schluss lauert das bittersweete «The Other Side» auf uns, und dann gehts ab in den psychedelischen Nebel, eben, zur anderen Seite rüber.

So kurz vor dem Krippenfest möchte man das Album doch gerne vom Multiinstrumentalisten Mono Mojo & (s)einer Band auf die Bühne gerüttelt bekommen. Ginge das eventuell? Ja geht! 21. Dezember im Hirscheneck Basel ist Plattentaufe, vor der grossen Sedlmeir-Show.

Wie heisst es so schön im Song «The Club»: «Welcome to the club of the broken hearted people». Neue Mitglieder jederzeit willkommen.

Mono Mojo – Graveyard Melodies (Cover)
Mono Mojo – Graveyard Melodies (Cover)

Mono Mojo – Graveyard Melodies

(Sixteentimes Music) erscheint am 21. Dezember 2018 digital auf allen bekannten Kanälen von Bandcamp bis Spotify.
Die Songs einfach über die Links in der Band-App von Mono Mojo (unten) anhören (Bandcamp).