Noti Wümié – Nouvelle Frisüre: Auf leisen Sohlen

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Noti Wümié © Tabea Hüberli 2018
Noti Wümié © Tabea Hüberli 2018

Noti Wümié ist ein Zungenbrecher. Ganz im Gegensatz zur Musik des Duos. Diese regt die Geschmacksnerven an. Nicht zuletzt, weil es ihr gelingt, den Chanson aufzumischen und frisch, flockig, aber auch fies zu wirken.

Album Review / RegioSoundCredit

Seit sieben Jahren treten Benjamin Noti (übrigens auch Co-Produzent von Steff la Cheffes neuem Album) und der in Basel ansässige Berner Grégoire Vuillemier alias Greis bereits als Noti Wümié auf. Eine erste EP namens Madeleine erschien 2013, jetzt haben die Zwei mit Nouvelle Frisüre ihren ersten Longplayer vorgelegt. Die elf Mundartlieder zeigen sich beschwingt, aber auch offen für Fragiles und unterschwellige Melancholie. 

Ein Sommerhit namens Mörderin

«Mörderin» heisst der hinterlistigste Track des Albums: Eines schönen Sommers begegnen sich der hagere Till aus Belgien und die kleine Anna Sabrina in der Bretagne und werden «zum Lieblingspaar vom ganze Campingplatz». So weit, so romantisch. Bloss entpuppt sich Anna Sabrina als kühle Killerin. «Sie isch e Mörderin, nid nur im übertragene Sinn», erklingt es im Refrain. Zwar dreht sich das Stück nicht etwa um süffigen «Campari Soda», sondern um eine Dame mit tödlichem Charme, doch: Wie die Erfolgssingle von Taxi aus Jahre 1977 entpuppt sich auch «Mörderin» als luftig aufbereiteter und Sommerhit, der unweigerlich zum Mitsummen anregt.

Die berndeutschen Songs erinnern – wie könnte es auch anders sein? – des Öfteren an Mani Matter, den Übervater aller Schweizer Liedermacher. Das versuchen Noti Wümié gar nicht erst zu verbergen, im Gegenteil: Mit «Tout ce qui me tombe dans les mains» knöpfen sie sich dessen «Alls wo mir id Finger chund» vor und wollen das Original keineswegs vergessen machen. Vielmehr kreiert das Duo, unter Einsatz eines leicht stampfendem Rhythmus’ und trauriger Gitarrenklänge, ein Chanson der berückenden und eigenständigen Sorte.

Noti und Vuillemier verleiben sich vier weitere Songs aus fremder Feder ein und covern nebst «La lettre» («Brief») von Renan Luce auch Fabienne Thibeaults «Les uns contres les autres» («Die Einte gäg die Andere»).

Elegantes Spiel mit Chanson, Pop und Rap

Obschon sich Noti Wümié wie erwähnt am 1972 verstorbenen Mani Matter ausrichten (der sich wiederum am Schaffen von Georges Brassens orientierte), ist ihr Sound alles andere als rückwärtsgerichtet. Die Lieder neigen zum Gemächlichen, dafür Doppelbödigen. So auch im von einer Flamenco-Gitarre angetriebenen «Badmantu», bei dem der Protagonist draussen seiner Frau beim Tanzen zuschaut, nur: Die ist schon lange tot. Der 40-jährige Vuillemier entpuppt sich als launiger Geschichtenerzähler, der entspannt und voller Wortwitz singt. Er bekommt es zudem hin, mit den Genres zu jonglieren und elegant zwischen Chanson, Pop und Rap hin und her zu wechseln.

Das alles führt zu Nouvelle Frisüre und einem Album, das intim und auf leisen Sohlen daherkommt und Charmantes mit ebenso dunklen wie fiesen Einwürfen kombiniert. Es ist ein Zusammenspiel, das die Hörerinnen und Hörer hinterrücks überfällt. Die zunächst fast unscheinbar und mild wirkenden Lieder erweisen sich – trotz der kurzen Albumlänge von 37 Minuten – als je länger desto gehaltvoller. Ohne dabei an Eingängigkeit zu verlieren. Mit anderen Worten: Noti Wümié ist ein Kunststück der reifen und besonderen Art gelungen.

Noti Wumié – Nouvelle Frisüre (Cover)
Noti Wumié – Nouvelle Frisüre (Cover)

Noti Wümié – Nouvelle Frisüre

(Zytglogge Basel) ist am 27. April 2018 als CD und digital mit einem Beitrag des RegioSoundCredit erschienen.

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