The Amber Unit – Fear No Giant: ... denn sie wissen, was sie tun

Reviews
The Amber Unit © Matthias Willi 2018
The Amber Unit © Matthias Willi 2018

Im Jahr 1998 als Bent gegründet, ab 2002 als Whysome sehr erfolgreich unterwegs und seit acht Jahren nun als The Amber Unit neu erfunden. Musikkritiker Michael Gasser hat sich das neue Werk der ewig hochtalentierten Basler Indie-Helden zur Brust und zu Ohren genommen, hier seine Review.

Album Review

The Amber Unit sind alles andere als Newcomer, dennoch legt die Band jetzt gerade mal ihr zweites gemeinsames Album vor. Die fünf Basler Musiker lassen sich also gerne Zeit. Und das ist gut so, denn: Ihre neue Platte überzeugt vor allem dank exzellentem Songwriting und reifer Umsetzung.

Früher seien sie wild und verträumt gewesen, heisst es auf der Webseite von The Amber Unit. Ganz von diesen Qualitäten verabschiedet haben sich die Basler allerdings nicht, wie ihr neues und erstaunlicherweise erst zweites Album mit Namen Fear No Giant beweist. Die Songs des Quintetts wirken zwar nicht mehr ungestüm, dafür unverändert gefühlvoll. Knapp sieben Jahre nach dem Debüt «While You Started A Revolution – We Started Love» fokussiert die Band auf ebenso getragenen wie durchdachten Indie-Pop.

Bis uns allen alles um die Ohren fliegt

Ihren ersten Auftritt am Basler Clubfestival BScene absolvierte die Formation (unter dem Bandnamen Bent) bereits im Jahre 1999. Anders gesagt: Hier sind erfahrene Hasen am Werk, die es verstehen, ihre Reife nicht bloss einzusetzen, sondern sie auch auszuspielen. Obschon The Amber Unit zum Eingängigen neigen, gelingt es der Band, den Sound immer wieder mit Haken, Ösen und unerwarteten Drehungen auszustatten. Was dazu beiträgt, dass der Spannungsbogen hält.

Während der Opener «Oh Cecilia» auf gemütvolle Gitarrenarbeit setzt und Gefühle des Bedauerns vermittelt, wartet das nachfolgende «Brother» mit leiser Melancholie, perfekt arrangierten Harmonien und Ohrwurmqualitäten auf. In «Haze Of Our Youth» (s. unten) sehnt sich Sänger Victor Hofstetter (der auch mit Solo-Alben präsent ist) nach dem Schleier der Jugend, doch die anklingende Nostalgie entpuppt sich als Trugbild: «I understand that the years have passed», singt er und wünscht sich in der Zeit zurückzugehen — und das so lange, bis uns allen alles um die Ohren fliegt.

Nichts als passend, dass das mit vertrackten Rhythmen, Marsch-Feeling und Klatscheinlagen ausgestattete Stück wie der Soundtrack zu einem Himmelfahrtskommando anmutet. Nicht weil sich der Song ums Handeln wider besseren Wissens dreht, sondern weil ihn The Amber Unit mit Stolz erfüllt und mit verinnerlichter Todesverachtung zum Besten geben.

Mit Flair, Charme und Selbstbewusstsein

Als roter Faden der Platte entpuppt sich nicht etwa ein inhaltliches Motiv, sondern die an den Tag gelegte Grundhaltung der Musiker: Man spürt, dass sie sich darüber im Klaren sind, was sie tun. Und sie tun es mit Überzeugung. Tracks wie die mit leicht überkandidelten Falsettharmonien und Lagerfeuergitarre angereicherte Ballade «700» (s. unten), das zwischen Glitter- und Düsterrock pendelnde «Nebula» oder das als klingender Mix aus Spaghettiwestern und Roadmovie angelegte «Highway» besitzen ein ganz eigenes Flair. Mehr noch: Sie sind von anhaltendem Charme geprägt.

Weisheiten würden sie keine offerieren, lassen The Amber Unit wissen. Müssen sie auch nicht. Die zehn Songs auf Fear No Giant präsentieren sich selbstbewusst. Und das mit gutem Grund, denn: Die Qualität der Songs spricht nämlich für sich selbst.

The Amber Unit – Fear No Giant (Cover)
The Amber Unit – Fear No Giant (Cover)

The Amber Unit – Fear No Giant

(Radicalis Music) ist am 1. Juni 2018 als LP und digital erschienen.