Scratches – Rundown: Düstere Dramen im Fokus

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Scratches 2019
Scratches 2019

Zwei Jahre nach ihrer letzten Platte «Before Beyond» legen Scratches mit dem neuen Album Rundown nach. Die Band um Sängerin Sarah-Maria Bürgin zeigt sich darauf konsequenter und elektronischer denn je. Und auch mit unverkennbarem Hang zur Melancholie. Ein äusserst dunkles, aber hochwillkommenes Werk.

Album Review / RegioSoundCredit

Für ihre zweite Platte Before Beyond (2017) zogen sich Scratches auf einen Gutshof im brandenburgischen Niemandsland zurück. Für den neuen Streich Rundown strebte man nun nicht mehr in die Ferne, sondern richtete sich in der alten Synagoge in Hegenheim ein. Ein Ort, der die Band beim Proben der acht neuen Lieder beflügelt habe, wie Sängerin Sarah-Maria Bürgin verrät. «Wir wollten stimmungsmässig konsequenter arbeiten als beim letzten Album, auf dem die Songs musikalisch zum Teil doch recht unterschiedlich waren.» Gitarrist Sandro Corbat habe eigens auf die Tracks zugeschnittene Arrangements entworfen, so Bürgin. «Diese wirken wie ein musikalisches Gewand, das in sich stimmig ist, und gleichwohl die Songs wie Geschwister miteinander verbindet.»

Wer sich durch das Werk hört, trifft auf eine geradezu düstere Grundstimmung. Eine, in der die Basler vergleichsweise minimalistisch agieren. Wodurch die kratzige Stimme von Bürgin, die mal an Marianne Faithfull, mal an Beth Gibbons von Portishead erinnert, noch stärker zum Tragen kommt. Das ist nicht bloss gut so, sondern verstärkt auch das vorherrschende Gefühl melancholischer Einsamkeit. «Es ist ein trauriges Album geworden, das ist richtig», so Bürgin. Als Leitgedanken des Werkes hätten laut der langjährigen Theaterregisseurin insbesondere die Konsequenz und die Reduktion gedient.

Ganz nach der Prämisse, dass weniger mehr ist. Doch einfacher gesagt als umgesetzt, wie die Frontfrau einräumt: «Der Prozess, für jeden unserer Songs das musikalische Pendant zum Inhalt zu finden, das gegen aussen hin genau das verkörpert, was erzählt werden will, war eine Heidenarbeit.» Verglichen mit früheren Arbeiten präsentiert sich das Quartett, zu dem neben Bürgin und Corbat auch Bassist Marco Nenninger und Schlagzeuger Jonas Prina gehören, um einiges elektronischer. Nicht von der Hand zu weisen sind zudem vermehrt klassische Einflüsse. Während das erste Stück Between von pochenden Beats getragen ist und nicht nur flehentlich, sondern auch nach drohendem Untergang klingt, zeigt sich das anschliessende Sorry zunächst geradezu entspannt. Aber nicht für lange. Der Song beginnt als schwermütiger Blues, der rasch an fiebriger Vehemenz gewinnt.

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Titel wie Ghost In The House oder Song To The Unborn vermitteln, dass hier keine leichte Kost geboten wird. Bürgin glaubt, es seien verschiedene Schauplätze, Jahreszeiten, Landschaften und Lichtstimmungen, die sich in den Lyrics niederschlügen. «Die Texte sind geprägt von verschiedenen Orten, Plätzen und Szenerien in dieser Welt», sagt sie. Was sich nicht zuletzt als Anspielung auf die Tatsache verstehen lässt, dass die Musikerin als Kind in so fernen und unterschiedlichen Ländern wie Ghana, Tschad oder Buthan lebte –Grund: ihre Eltern zogen lange als Entwicklungshelfer um die Welt.

Doch zurück zu den Liedern, die vertonten Trauerspielen gleichkommen. Diese handeln etwa vom Schmerz einer Mutter, die sich unter einem alten Baum von ihrem Kind verabschiedet (Song To The Unborn), von der lichtdurchfluteten Totenwelt inklusive ihrem Fährmann (Charon) oder von einem verlassenen, zerstörten Ort, wo eine Geliebte gesucht wird (Rundown). Sie sei keine Diva, aber durchaus eine Drama-Queen, erklärt Bürgin. Dies, weil sie von kleinen und grossen Tragödien singe. So wie man es etwa aus der Tradition des portugiesischen Saudade kenne. Dessen Weltschmerz lassen denn auch Scratches immer wieder verspüren. Allerdings nicht mit einem Sound, der von sanfter Schwermut, sondern von rauen Gefühlen, Verletzungen und allerlei Narben geprägt ist. Das Ergebnis ist ausgesprochen intensiv, emotional und stürmisch – das beeindruckt. Gleichwohl atmet man beinahe auf, wenn die Platte vorüber ist. Und kann doch nicht anders, als sogleich wieder auf Play zu drücken.

Scratches – Rundown (Cover)
Scratches – Rundown (Cover)

Scratches – Rundown

(Czar Of Crickets) erscheint am 11. Oktober 2019 als CD, LP und digital mit einem Beitrag des RegioSoundCredit.

Die Plattentaufe findet ebenfalls am 11. Oktober ab 21 Uhr im Sommercasino in Basel statt.

LP-Verlosung

Der RFV Basel verlost 2 LPs von Scratches. Teilnehmen: Mail an den RFV senden. Es wird keine Korrespondenz geführt.