KimBo – Pangolin: Rap als Subkultur statt Pop

Reviews

Eine sehr kurze Plattenreview noch, bevor 2020 den Löffel abgibt, auf dass 2021 dann die grosse Kelle auspackt und alle bösen Viren wegklatscht. Pangolin fasst (auch) das ablaufende Corona-Jahr packend zusammen. Es sagt: Zeigt nicht einfach immer auf die anderen! Und tanz! Aus mehreren Gründen die Platte des Jahres, findet:

Album Review

Pango was? Pangolin! Dem armen asiatischen Schuppentier wurde am Anfang dieser Pandemie schon bald einmal die Schuld an der Weiterübertragung des Corona-Virus' gegeben. Der Mensch zeigt ja gern auf die anderen, wenn der*die Schuldige sich nicht sofort selber ergibt oder finden lässt. Aber auf Tiere zu zeigen, die sich nicht wehren können? Typisch Mensch.

KimBo © Alexander Rupp 2020
KimBo © Alexander Rupp 2020

Ein Herz für Tiere, aber nicht für Deppen

Ein Herz für Tiere also, aber nicht für Deppen. KimBo, die Wahl-Basler Rapperin mit Tessiner Teenie- und Kindheit sowie Zürcher Sozialisierung, zeigt nicht auf andere, sondern nimmt das Lasso in ihren Songs selber in die Hand, und ab und zu auch die Peitsche.

Auf ihrem Debütalbum Pangolin hat sie zwölf Tracks versammelt, einige davon sind über eineinhalb Jahr hinweg bereits als Single oder Videoclip erschienen. Überhaupt inszeniert sie in ihren Videoclips eigentlich immer eine höchst ästhetische Welt, um dann das funkelnde Schwert der weiblichen Selbstbestimmung auszupacken und auszuteilen. So etwa im Clip «Verspilt» von 2019 (der Song gewann die RFV-DemoClinic Digital 2018).

Rap als lebendige Subkultur, nicht als gefälliger Pop

KimBo rappt messerscharf auf Mundart, Italienisch und vor allem mit dickem Slang mit Latin- und Englisch-Sprengseln und Shouts. Einiges klingt nach hochstehendem Battle Rap und si si!: KimBos grosse Schnauze stellt technisch nicht wenige CH-Aggro-Gangster in die Strafecke. Sie lässt sich nichts bieten, und bietet eine Menge.

KimBo bringt expliziten Rap, Ragga, knochentrockenen Reggaeton und auch mal Trap auf den Dancefloor zurück, und wie gesagt: in den Battle-Ring. Die zwölf Tracks zeigen, wie lebendig diese Subkultur auch 2020 noch ist, egal ob sie nun feministisch, politisch oder kleinkriminell daherkommt: Rap sagt das, was provoziert, auf laute Art und Weise, aber nie ohne den coolen Funken Ironie.

Mit ohrenkonformem Radio-Pop-Mainstream hat das nichts zu tun. Mit der durchschlagenden Lebendigkeit und der dringend nötigen Auffrischung der Relevanz von Rap abseits des Wohlfühl-Pops aber sehr viel. Denn mit Wohlfühl allein kommen wir nämlich nicht weiter.

KimBo – Pangolin (Cover)
KimBo – Pangolin (Cover)

KimBo – Pangolin

(NoHook Records) ist am 27. November 2020 digital erschienen und u.a. hier erhältlich.

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