Agonis – Neutropia: Unbekümmert in die Zukunft

Reviews

Die Clubs sind geschlossen, doch dieses Electronica-Album von Agonis bringt uns den Club nach Hause: unaufgeregt, aber sehr anregend. Neutropia überzeugt mit Handwerk, Feeling und viel Geschmack. Falls die Zukunft so klingt, dann bitte ja.

Album Review / RegioSoundCredit

Eine Art hybride Alien-Qualle oder vielleicht doch ein computergeneriertes Tentakel-Wesen prangt superspacefarbig auf dem Cover von Agonis erstem Longplayer Neutropia. Der übrigens bald ausverkauft sein wird (Doppel-LP über Bandcamp bestellen, siehe unten, oder rassig bei Plattfon Basel shoppen gehen). Doch zur Musik:

Agonis' Electronica- und dezenter Dancefloor-Sound ist äusserst geschmackvoll und mit wenig, aber edlem Material gebaut. Die Musik gleitet konzentriert deep und gleichzeitg luftig durch den imaginären Nachthimmel und ist mit reichlich Aura und – wie man so schön sagt, aber es passt hier – viel Liebe zum Detail in den Raum gemalt.

Der Track «Algoflash» etwa pumpt im oberen Downtempo-Bereich, andere Tracks gehen höher, wieder andere wie zum Beispiel «Ether» dröhnen bzw. flirren eher, wie «Sunlight Filtering Through Skyscrapers», ohne Beat über unser Köpfe.

Agonis © 2020
Agonis © 2020

«King Cobra Not Happy» schliesslich treibt einen leicht gehetzten Maschinen-Dub über den Werkhof, während «Pyrchid» eine hippe Drum'n'Bass-Skulptur in den sommerlichen Flanierpark stellt. Den Abschluss für die – normalerweise – wenigen, übrig gebliebenen Full-Album-Listeners auf dem Planeten macht der längste Track «Cherry Disposition»: Er verströmt eine echte Fröhlichkeit und die Bassdrum klingt, als hätte sie ein Extra-Hinterzimmer als Resonanzraum dazugemietet – ein Grund mehr, «Cherry Disposition» gleich am Anfang aufzulegen.

Irgendwie klingen die neun Titel auf Neutropia fast schon unheimlich wie aus einem Guss bzw. 3-D-Drucker, obwohl sie als einzelne Lebewesen nicht wirklich viel miteinander zu tun haben. Oder vielleicht erschliesst sich das im muffigen Schlafzimmer aka «Club» einfach nicht so gut, jedenfalls: So macht elektronische Diversity noch mehr Sinn.

Gefühlt: Die Clubs waren noch nie so zu wie jetzt

Die LP erscheint auf dem eigenen, mit Compagnon Garçon betriebenen Label Amenthia Recordings, das – im Umfeld der prägenden Basler Techno-Clubs Hinterhof Bar und Elysia – erst vor wenigen Jahren entstanden ist und auch Releases von Varuna betreut hat (das neueste Varuna-Album jedoch nicht).

Agonis' eleganter Tanz auf dem internationalen, elektronischen Parkett hat etwas ebenso Kunstvolles wie Strassentaugliches und überzeugt in seiner unbekümmerten und doch so präzisen Art in allen echten und synthetischen Lebenslagen und Körperpositionen – soweit sie im Moment des Pandemie-Lockdowns möglich sind, jedenfalls.

Die Clubs waren noch nie so zu wie jetzt, auch die am frühen Abend. Auch das vermittelt Agonis' Musik auf Neutropia sehr eindringlich.

Agonis – Neutropia (Cover; Artwork © Dimitri Erhard & Agonis, Ieva Zuklyte)
Agonis – Neutropia (Cover; Artwork © Dimitri Erhard & Agonis, Ieva Zuklyte)

Agonis – Neutropia

(Amenthia Recordings, Basel / Oberwil) ist am 6. April 2021 mit einem Beitrag des RegioSoundCredit des RFV Basel erschienen. LP u.a. über Bandcamp, siehe Band-App unten.           

Doppel-LP-Verlosung
Der RFV Basel verlost 1 LP von Agonis. Teilnehmen: E-Mail an den RFV senden.