Amoa – You: Schwereloser, schillernder Elektro

Reviews

Amoa, You: Das Debütalbum der jungen Basler Songwriterin kommt wohl gerade zur richtigen Zeit. Elf Songs, die uns wegtragen in ihr ganz eigenes Universum. Unsere Sound-Korrespondentin in Berlin vermisst die sonst pop-üblichen Refrains gar nicht.

Album Review

Willkommen in der Schwerelosigkeit. Hier gleitet man auf Klängen, wie von Wellen getragen von Track zu Track: You, das Debütalbum von Amoa, spinnt aus akustischen Drums, analogen Synthesizern und poppigen Elemente ein lebendiges Klangnetz, das sich allmählich zu einem unbekannten, geheimnisvollen Universum entwickelt. Hier gibt es keine Refrains, stattdessen bilden aus dem Elektro stammende Arrangementformen und Elemente aus dem Trip-Hop den Rahmen für elegant zurückhaltende Stimmungen, in denen die Spannungen zwischen «Ich» und «Du» ausgehandelt werden.

Amoa © 2021 zvg.
Amoa © 2021 zvg.

Eine wandelbare Stimme zwischen warm und mechanisch

Hinter dem Pseudonym Amoa verbirgt sich die Basler Sängerin Andrea Thoma, die ihre sehr eigenen Songs gemeinsam mit den Produzenten Roland Vollenweider (aka Us & Sparkles aus Zürich), Jonathan Nagel und Simon Boss aufgenommen hat. Sie selbst nennt ihre Musik eine «Elektrotraumwelt». Durch akustische Drums und analoge Synthesizer, die Amoas melancholische und klare Stimme mal unterlegen, mal überlagern, werden die Tracks zu schwerelosen neuen Welten.

Trotzdem ist die Kombination aus Amoas warmer und klarer Stimme, die sich zeitweise verfärbt und mechanisch und kalt wird, nicht immer eingängig: Die ersten Sekunden in «Modes» erinnern stark an Ufo- oder Raketengeräusche, ein bisschen Sci-Fi und bedrückend. Das bleibt auch erstmal so. Dann beginnt Amoa zu singen, wieder und wieder denselben Satz, es klingt wie ein Mantra. Die elektronischen Klänge und Synthesizer werden lauter und überlagern ihre Stimme, bis es einen abrupten Wechsel im Kurs gibt. Jetzt wird es gelassener, Amoa singt «finally it’s over» und eine Klangwelle der Erleichterung schwappt herüber.

Der nächste Track «Running» beeindruckt mit Flams am Schlagzeug, das von seiner Struktur her an einen Marsch erinnert und eine neue Ära einzuläuten scheint: «land and seas are slowly falling apart (…) I do believe it‘s time to start.»

Kraftvoll, gefühlvoll, vielseitig

Mit «Silver» kommt der nächste Track, der an eine andere Galaxie erinnert. Auf psychedelische Weise verschränken sich Amoas Stimme, warm und nostalgisch, mit spannenden elektronischen Arrangements.

Weniger aufgeregt, dafür umso poetischer ist «All». Hier spielt die Stimme die Hauptrolle; nur Gitarre und wenige warme elektronische Klänge betten Amoas Worte ein, die wehmütig von einer anderen Zeit singt: «When I was younger, I used to think that he knows what I need.»

Dass auch hier der Refrain fehlt, macht die Musik nur noch spannender, man gleitet auf Elektrowellen, treibt auf den Gitarrenmustern. Gegen Ende spitzten sich die Elektroarrangements zu, es wird immer eindringlicher und gewinnt an Tempo – Amoa verstummt kurz. Um dann miteinzusteigen. Eine kraftvolle Kombination aus zurückhaltender Gitarre, akustischen Drums und Amoas klarer und gefühlvoller Stimme.

You, dieses Album mit seinen elf Songs, überzeugt mit der Vielseitigkeit der sich verknüpfenden, überlagernden und verschränkenden Elementen – eine «Elektrotraumwelt», in der die wirkliche Welt ganz weit weg scheint.

Amoa – You (Cover)
Amoa – You (Cover)

Amoa – You

(Radicalis Music Basel) ist am 19. Februar 2021 digital erschienen und u.a. auf Bandcamp erhältlich.

Amoa ist auch auf Scalatrax' Debütalbum, das vor zehn Monaten erschienen ist, mit von der Partie.

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*Marie Suhm lebt zwischen D (Berlin) und F (Bordeaux), ihr Blog berichtet davon.