Luna Oku – Figment: So klingt die Liebe
Schöner Zufall: Nach Malummis Debütalbum, wo Alon Ben auch spielt, erscheint nun am 12. November auch sein (Solo-)Debüt als Luna Oku. Wie Malummi hat auch Luna Oku erstmals an der Soundclinic des RFV Basel auf sich aufmerksam gemacht und ein Coaching gewonnen. Jetzt liegt mit Figment ein Album vor, das keine Scheu vor Herzschmerz hat, schreibt aus Berlin:
Marie Suhm
Wie klingt die Liebe? Ist sie laut oder leise? Ist sie geschliffen, formvollendet oder das Gegenteil? Nur Kante, Lücke oder gar Abgrund? Figment, das erste Solo-Album vom Luna Oku, alias Alon Ben, vertont seine Botschaft eindringlich, auch wenn der Sound nicht direkt nach Aufmerksamkeit schreit. Bisher kennen wir ihn als Drummer des Trios Malummí und anderer Gruppen. Nun sein erstes Solo-Projekt: Es geht um die Liebe mit allen Ambivalenzen. Bei Luna Oku ist die Liebe allerdings immer ein bisschen schwermütig, wie die tief hängenden Wolken am grauen Herbsthimmel. Trotzdem sind die neun Tracks von Figment (zu deutsch: Einbildung) überhaupt nicht grau oder eintönig.
Wie eine Höhle der Geborgenheit
«Love», die Perle des Albums, startet mit entspannter Gitarre und schlägt über in einen lebendigen Groove, der Refrain sein könnte, aber plötzlich abbricht (schade). «Love» oder die Liebe ist eben nicht beständig, nach dem Gipfel folgt das Tal – verträumte Gitarre und Luna Okus dämmrige Stimme hüllen uns in ein weitläufiges warmes Klangfeld. Und dennoch: der Drive der Drums bleibt im Gedächtnis.
Wer Liebeskummer hat, sollte um «Sleep well» einen grossen Bogen machen (oder sich hineinlegen). Indie-Minimalismus aus Gitarre und Drums, dazu Luna Okus melancholische Stimme, legen den Finger in die Wunde: «Darkest of nights, a thousand stars / … / no one waiting, everybody gone». Wem hier nicht schwer ums Herz wird, der*die ist sowieso verloren.
Der Refrain legt nochmal einen drauf: «All these memories make you feel so alone / no one waiting, everybody gone.» Musikalisch ist das so gut gemacht, dass der Liebeskummer-Sound fast wie eine Höhle der Geborgenheit wirkt. «Ruby Sparks» (die erste Single des Album erschien im Mai) erzählt – wie der Titel es verrät – von eingebildeter Liebe: «Oh he’s in love with the wind.» Zaghaftes Piano begleitet den beinahe noch zaghafteren Luna Oku, dann folgen Drums und Blechbläser.
Der Sound ist jazzig, lässig und natürlich schwermütig mit einer Note Ironie. Das versteht am besten, wer die Story hinter dem Titel kennt. Im Film «Ruby Sparks» erfindet ein verzweifelter Schriftsteller eine Romanfigur, in die er sich verliebt und die eines morgens, zu Fleisch und Blut geworden, in seiner Küche steht. Damit beginnt das Chaos. Liebe ist eben auch Magie.
Feinfühlig, ambivalent, schwermütig, verträumt
Eine ähnlich schwermütige Stimmung finden wir – so ganz entgegen aller Erwartung – in «She Laughs» und «This Year». Um das «Was-wäre-wenn?» geht es im Song «What If». Wer kennt es nicht? Das gedankliche Herumwälzen von verpassten Chancen, Wenns und Abers.
Luna Okus zarte und trotzdem tonnenschwere Stimme (Figment ist voller Ambivalenzen) wird von dezenten Drums und Piano begleitet. Alles eher unaufgeregt, wenn auch nicht ohne Spannung durch kurzzeitige Beschleunigung des Pianos. Die kurzen Irritationen sind wie Fragen nach dem «wenn». So feinfühlig, dass sie mich beinahe selbst betreffen. Das ist Figment auch.
Ähnlich spielt auch das Piano in «Bug», dem zweiten Song des Albums. Die Gitarre ist hier vordergründig, der Sound könnte als Rock light durchgehen. Wenn da nicht das Piano wäre, das gegen Ende beinahe klimpert.
Was es mit dem Song «Emerald Dreams» auf sich hat, ist ein kleines Rätsel – musikalisch reiht er sich in den Sound der Platte ein: dezentes Piano, verträumte Drums. «Emerald Dreams» – das wissen nur Insider*innen (oder Google) – ist eine sich ständig verändernde (Fantasie)Welt, beherrscht von Geistern und einer unzähmbaren Natur. Gewiss ist nur eines: Auch hier gehts um die Liebe. «You break out to get me - while singing songs of love.» Im Hintergrund eine entrückte Frauenstimme. Das ist Sehnsucht, Entfernung, vielleicht Traum.
«Figment», der gleichnamige Song zum Album, ist da ganz ähnlich eingestellt: «How long will it take for you to leave my head / … / and what do you want from me, go away.» Den Gespenstern im Kopf ist die Realität schnuppe.
Figment von Luna Oku ist ein Album für alle, die ein (gebrochenes) Herz haben, die auch mal overthinken über diese komplizierte Sache mit der Liebe, oder einfach in Herzschmerz-Sound schwelgen wollen.
Luna Oku – Figment
(Radicalis Music Basel) erscheint am 12. November 2021 digital auf allen Kanälen und als LP (erhältlich im Shop von Radicalis, in Plattenläden und u.a. bei Cede.ch.
Luna Oku live
05.12.2021 St. Gallen, Bahnhof Bruggen
09.12.2021 Basel, Plattfon Records, Solo
+++ Abgesagt +++ 18.12.2021 Basel, Sommercasino, Plattentaufe
Weitere aktuelle Live-Daten auf der Website der Band.
Luna Oku gewinnt die Soundclinic im Frühling 2020.