Malummí – Blood: Seltsam schön verheissungsvoll

Reviews

Das junge Basler Trio veröffentlicht auf dem renommierten CH-Label Irascible Records sein erstes Album. Es ist, meint unsere RFV-Kritikerin in Berlin, ein seltsam schöner Verschnitt aus Elektro, Folk und Pop, der Sehnsucht in Nähe verwandelt und ein bisschen Reise-Vibes aufkommen lässt. Abtauchen in der Bossa Nova 2021:

Album Review / Soundclinic

Vogelgezwitscher, Raumschiffgeräusche, Meeresrauschen und Rumoren. Wo sind wir? –Schwer zu sagen, einmal mehr muss ich Sound und Wort auf den Puls fühlen. Das macht es spannend.

Das Debüt-Album Blood (überhaupt nicht schaurig, wie es vielleicht scheint) des Basler Trios Malummí bringt warmen Sound mit (E)-Gitarre, Synthesizer und Percussion, selten auch Drums in den grauen November. Entstanden in Italien, Kroatien und Brasilien, spiegelt sich die Weitläufigkeit in den Tracks: Die Songs sind unterschiedlich – aber immer schwingt Fernweh mit, die Sehnsucht nach der Weite und die Verbundenheit, die mit der Distanz wächst.

Klingt kompliziert? Ist es auch. Blood flechtet aus Indie-, Elektro- und Pop-Fragmenten eine besondere Klangwelt, die sich nicht so einfach in eine Schublade stecken lässt.

Malummí © Dshamilja Kalt 2021
Malummí © Dshamilja Kalt 2021

Bedingungslose Liebe ist nicht leicht

Die Stimme von Larissa Rapold, die selbst brasilianische Wurzeln hat, haucht diesem warmen Indie-Elektro-Sound – gespielt von Giovanni Vicari, Alon Ben und Larissa Rapold selber – erst richtig Leben ein. Mal ist sie nostalgisch, weich und gibt sich ganz den Klanggeflechten hin, wird von ihnen verschluckt. Dann wieder schält sie sich heraus; sentimental und abgeklärt zugleich ist Rapolds Wort der Mittelpunkt.

Im Titelsong «Blood» verwandelt sich schmerzhafte Erinnerung in Nähe: «I remember your first day in school / I remember the first day you came home crying because someone bullied you», begleitet von subtilem Synthesizer. Den Song schrieb die Malummí-Gründerin und Co-Songwriterin für ihren jüngeren Bruder, wie sie auf Instagram schreibt.

Der Sound entwickelt sich beinahe nebenbei, wird düster und abgründig. Rapolds Stimme bleibt im Vordergrund: «There’s nothing in the world that I wouldn’t do for you.» Bedingungslose Liebe ist nicht leicht.

Wo Unendlichkeit und Endlichkeit keine Gegensätze sind
Unaufgeregte Klangflächen machen den Sound der Songs aus, die zwischen Fernweh und Geborgenheit in der Natur schwanken. Hier ist es leicht wegzudriften und mit Rapolds Stimme abzutauchen. Wie in «Birds + Fishes». Beinahe könnte es Country-Musik sein, aber es fehlt die starke Melodie. Der Track ist eine Erzählung, begleitet von Gitarre und Percussion, feinen Lauten, die sich anhören wie die Schreie eines Vogels: «Watching the sunlight sparkling / letting everything behind me / floating with the universe».

Das Thema der uferlosen Weite bauen Malummí in «Horizon» aus. Diese Linie, an der das Ende der Erde und der Anfang der Atmosphäre sich berühren, und Unendlichkeit und Endlichkeit keine Gegensätze sind, wird zu einem warming-Sound. Die Vögel zwitschern, eine smoothe Gitarre trägt Rapolds Stimme und der Horizont flüstert: «Come closer to me.» Verheissungsvoll.

Die Songs «Far Away», «Clouds» und «Crossroads» fügen sich in diese Thematik mit verträumter Gitarre, Synthesizer-Verschnitten und Meeresrauschen im Hintergrund ein. Sich vergessen in diesen warmen Soundflächen, die zwischen Elektro und softer Gitarre schimmern – das passiert von allein.

Malummí – Blood (Cover)
Malummí – Blood (Cover)

Ein Debütalbum voller Verästelungen, Überraschungen und grosser Emotionen

Etwas anders ist der Track «New Planet Rising», der einen ganz eigenen Drive hat. Geschichteter, geladener Elektro, stürmisch und düster, gepusht von der Sängerin Larissa Rapold. Ihre Stimme, warm und entrückt, ist Beobachterin und Teil ihres (Sound)-Universums zugleich. Seltsam. Plötzlich bricht die Melodie aus Synthesizern ab, in diese Lücke singt sie bestimmend: «I’m not lonely anymore». Dann endet der Song. Es ist, als würde man mit einem Objektiv aus der Weite herauszoomen. Alles wird leiser, kleiner. Der neue Planet verschwindet.

«Shoes» spielt mit Synthesizer-Fragmenten, kalten Klänge, die einmal mehr Rapolds warme und kantenlose Stimme betonen, von diesem fremden Rauschen und Rumoren manchmal beinahe verdrängt wird. Fast befremdlich.

Blood ist ein feines Debüt geworden, voller Verästelungen und Momenten der Überraschung. Grosse Emotionen werden mit Fingerspitzengefühl in Klangwelten übersetzt. Der Mix aus Synthesizer-Sound, Gitarre und Drums schafft eine besondere Verbindung. Es lohnt sich, ihr nachzuspüren!

Malummí – Blood

(Irascible Records) ist am 29. Oktober 2021 als LP und digital erschienen und hier erhältlich. Die LP zum Beispiel über Cede.ch.

Malummí live & on air
11.11.2021 bei Gegen Den Strom FM Radio Zürich, ab 21 Uhr

«Malummí macht Schule!» 
Die Band spielt am 16.12. gleich zwei corona-konforme Konzerte in der Kaserne Basel im Rahmen des RFV-Education-Projekts «... macht Schule!». Für beide Konzert ist noch ein Platz für eine Primarschulklasse frei (bitte direkt hier anmelden – first come, first served).

Malummí gewinnen die Soundclinic im Herbst 2020.