Bluescht - Wilde Wald: Im Grenzgebiet zwischen Naturjodel, Folkpop und der Improvisation

Reviews
Bluescht © Simon Bielander
Bluescht © Simon Bielander

Auf ihrem ersten Longplayer wollen Bluescht erkunden, was ihre alpin beseelte Musik hergibt und auszeichnet. Dabei erweist sich das Basler Duo nicht nur neugierig, sondern auch kreativ und lustvoll.

Album Review

«Alpin beseelter Folkpop», ordnen sich Bluescht auf ihrer Webseite selbst ein. Ein durchaus ambitionierter Slogan für ein Duo, das im Flachland von Basel zuhause ist. Als Bluescht mit der EP «Alts & Nöis» 2018 ihr Debüt veröffentlichten, setzte sich die Formation noch aus Seraina Clark, einst Leadsängerin bei den Spacefunkern Plastix, und der Cellistin Mélanie Scalbert zusammen. An Stelle der Letztgenannten ist unterdessen der Kontrabassist und Alphornspieler Hannes Fankhauser getreten, der seit Jahren auch mit der Formation Sulp – kurz für «SwissUrbanLändlerPassion» – unterwegs ist. Jetzt stellen die beiden ihren ersten gemeinsamen Longplayer «Wilde Wald», vor.

Freigeistig und archaisch

Auf diesem lässt sich nachspüren, wie das Liedschaffen von Bluescht zwischen Neuer Schweizer Folkmusik, der Improvisation und dem eingangs erwähnten Folkpop oszilliert. Verglichen mit dem Erstling klingt das neue Material vielleicht eine Spur durchdachter und weniger warm, dafür aber spürbar freigeistiger und archaischer. Eröffnet wird das Lieddutzend mit dem Titeltrack «Wilde Wald» und einem Naturjodel, der zugleich Weite und Abgeschiedenheit vermittelt. Ein Geschehen, das sich alsbald zu einem urchigen Aufeinandertreffen von akustischer Gitarre, jazzigen Kontrabassklängen sowie dem intensiven Gesang von Clark verändert. Im von ihr verfassten Stück widmet sie sich namentlich der ungebrochenen Kraft des Forsts – was sich wie der Soundtrack zu einer helvetischen Neuverfilmung von «Hänsel und Gretel» anhört.

Zu den weiteren Stücken aus der Feder von Clark zählen «Ewig dr Mond», das sich im durch Geige und Schwyzerörgeli ergänzten Singer/Songwriter-Kleid präsentiert, und «Guggistal», eine feinsinnige Nummer, die gekonnt swingt und melancholisch gefärbten Naturjodel bietet. Einen ziemlich anderen Pfad schlagen Bluescht mit «Je-di-um-be» ein, das zwar ebenfalls auf zwischen Kopf- und Bruststimme wechselnden Jodel setzt, dabei aber weniger an Schweizer Berge und eher an ein Stammesritual mitten in Afrika denken lässt. Abgerundet wird das Album durch traditionelles Liedgut, das aus dem Glarnerland, dem Appenzellischen oder aus Graubünden herrührt.  

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Freies Experimentieren

Doch auch hierbei bleiben Bluescht ihrem Ansatz treu, frei und unbekümmert mit der Musik zu experimentieren, sie aufzubereiten und vielleicht nicht neu zu erfinden, aber neu zu ergründen. Was dazu führt, dass «Anneli, wo bisch geschter gsi» etwa wie ein entfernter, aber nicht ganz so tragischer Cousin des «Guggisberglied» klingt. Derweil zeigt sich «Darf i neid bitzeli» lüpfig, ausgelassen und einfach, aber effektiv gestrickt. Zum Schluss wird «Alles stoht still in dr Nacht» kredenzt, dessen Melodie auf den Komponisten Ferdinand Huber (1791-1863) zurückgeht. In der Bearbeitung von Bluescht erweist sich der von Streichern umspielte Track als stimmig und besinnlich.  

Mit «Wilde Wald» ist dem Duo eine Platte gelungen, die auf Traditionen fusst, aber gleichwohl frisch und busper wirkt. Kommt hinzu, dass ihre Mischung mitunter auch für kreative und schräge Momente, wie dem Dialog zwischen der Stimme Clarks und dem Alphorn von Fankhauser auf «Bluescht», besorgt ist. Was davon zeugt, dass sich das Duo mit Elan und voller Neugier an seine Musik macht. Mit dem Ergebnis, dass es enorm Spass bereitet, in die vorliegende Songauswahl einzutauchen. 

Bluescht - Wilde Wald, 2023
Bluescht - Wilde Wald, 2023

Bluescht - Wilde Wald
Das Album erscheint diesen Freitag, 10. November 2023 und ist digital sowie physisch erhältlich. Unterstützt wurde die Platte durch den RegioSoundCredit 2023/1.

CD Verlosung
Das Musikbüro verlost 1 Exemplar der CD.
Teilnehmen: E-Mail ans Musikbüro senden. Es wird keine Korrespondenz geführt.

Live
10.11.23 CD-Taufe im kleinen Wassermann
25.11.23 Kulturnacht Liestal Stadtbibliothek Liestal

Bluescht

Bluescht © Simon Bielander
Bluescht © Simon Bielander
28/02/2024

Beiträge
5 000 CHF | RegioSoundCredit Tonträger, Musikvideo | 2023

About Michael Gasser

Hat seine Liebe zur Musik mal zu seinem Job gemacht und beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit Pop, Rock und Folk. Der frühere Surprise-Chefredaktor und Redaktionsleiter des Kulturmagazins «041» gehört heute dem Pressebüro Kohlenberg in Basel an, wo er mehrheitlich für Behörden und Unternehmen textet – ganz vom Musikjournalismus mag er aber nach wie vor nicht lassen.