FLEEB - Moon: Irgendwo zwischen Detroit und Island

Reviews
FLEEB_2023_zvg
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Im tiefsten Graubünden haben Anna Hirsch (CH) und Dominik Fürstberger (DE) ihr zweites Album als FLEEB erschaffen. Obwohl ich mich beim Hören eher irgendwo zwischen Detroit und Island wähne, spüre ich die Einflüsse der Natur und den Blick in die dunklen Bündner Nächte.

Album Review

Der Titeltrack «Moon» spühlt uns direkt in eine grosse verlassene Fabrik. Irgendwo zwischen Dystopie und Melancholie geben hier brachiale Industrial-Sounds den Ton an. Die Stimme hört sich mal verzweifelt, mal stoisch, mal kämpferisch, mal zerbrechlich an. Eine performative Meister:innen-Leistung!

Musikalische Stärken

Auch eine bemerkenswerte Performance bietet der Track «Chickening Out». Anna Hirsch erinnert mich da an die ganz grossen Sängerinnen aus den Staaten und nicht an eine Jazzschulabsolventin aus der Schweiz. Was den Track meiner Meinung nach zum repräsentativsten der Platte macht: Die gekonnte Fusion elektronischer und akustischer Klänge; und die genauso gekonnte Einflechtung zugänglicher musikalischer Elemente (was einfach schön ausgedrückt für «poppiger Einschlag» ist).

Viel Platz für Rhythmus

Apropos Einschlag: Auch die andere Seite des Duos besticht. Dominik Fürstberger schlägt gekonnt seine Trommeln im vorhergehenden Track, wie auch auf dem letzten Song der Platte «Still Something». Ordentlich Luft lässt der Song für die Sounds und Grooves des Schlagwerks. Hätten Apparat und Sophie Hunger je einen Song zusammen gemacht, so hätte er sich angehört.

Zusammenspiel und Minimalismus

Dieser spezielle Duo-Charakter zieht sich durch das ganze Album. In einer Studioproduktion stehen Musiker:innen heutzutage alle Möglichkeiten offen. Dass hier zu zweit bewusst minimalistisch produziert wurde, ist ein wichtiges Merkmal und zeugt von musikalischer Stärke. Das Zusammenspiel der Stimme mit der Musik hört sich an wie ein wunderschönes Streitgespräch - man stiehlt sich den Platz, nur um kurz darauf die andere Seite wieder zu Wort kommen zu lassen. So fühlt man sich wie in einem Raum mit den beiden, wie Teil einer wunderbar lebendigen Kunstinstallation.

FLEEB - Pendulum

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Ein Kunstwerk

Auch wenn die Musik punktuell verkopft rüberkommt, schafft genau das eine Kante, eine Art Kunsthaftigkeit, welche mir das Gefühl gibt, kein reguläres Album zu hören, sondern ein Kunstwerk zu beobachten. Und wie bei jedem guten Kunstwerk lässt es mich in Welten abdriften, lässt es mich lebendig sein und erlaubt meiner Seele eine Pause vom Hier und Jetzt. Oder wie FLEEB es selbst sagt:

“In the end it became music with lovely melodies, beats for dancing in the streets, slow dancing with your loved ones and dreaming at nighttime.“

Fleeb (c) Esther Sévérac 2022
Fleeb (c) Esther Sévérac 2022

Fleeb - Moon

Das Album ist erschienen am 16. Juni 2023 bei Radicalis Music und ist auf allen gängigen Plattformen erhältlich. Unterstützt wurde der Release durch den RegioSoundCredit 2022.

Fleeb

Fleeb (c) Esther Sévérac 2022
Fleeb (c) Esther Sévérac 2022
20/02/2023

Beiträge
5 000 CHF | RegioSoundCredit Tonträger | 2022

About J.J. Löw

J.J. Löw hat einmal die Basler Musikszene durchgelebt. Als ehemaliger Festivalveranstalter, Tourmanager, Eventmanager und Agenturmitarbeiter könnte man meinen, das Business sei sein Zuhause – doch mit hunderten Shows in über 15 Ländern hat er seinen Hintern vorallem auf dem Schlagzeugstuhl wundgesessen. Musik- und Weltoffen trifft ihn das Bünzlitum nur bei der lokalen Musikszene, denn die wird immer Vorrang haben. Es berühren stimmige Songs, Authenzität und liebevolle Instrumentationen. Und: Ein gut geschriebener Song gewinnt immer gegen eine professionelle Produktion.