Jasmin Albash – Goddess: Empowerment meets Selbstliebe
Auf ihrem zweiten Soloalbum zeigt Jasmin Albash neun stolze und starke Songs, die mit kraftvollem Gesang, markantem und melancholischem Synthie-Pop, aber auch mit ebenso unverblümten wie persönlichen Texten aufwarten.
Michael Gasser
Seit «Gold», ihrem Debüt, sind schon vier Jahre vergangen, was jedoch nicht heissen soll, dass Jasmin Albash in dieser Zeit untätig war, im Gegenteil: Die im Kanton Thurgau aufgewachsene Wahlbaslerin zeigt sich weiterhin umtriebig und ist nicht nur unter als Solokünstlerin und Mutter aktiv, sondern auch als Coach beim Verein «Helvetiarockt», der sich für «Frauen, inter, non-binäre, trans und agender Menschen im Jazz, Pop und Rock» einsetzt. Zudem ist Albash weiterhin Teil des 4-Musikerinnenprojekts Kallemi. Während sich die Tochter eines palästinensischen Flüchtlings und einer Schweizerin auf ihrem ersten Album namentlich mit ihren Wurzeln im Mittelmeerraum auseinandersetzte, fokussiert sie auf ihrem Zweitling, «Goddess», auf das Hier und Jetzt.
Feministische Ansage
Die neun Tracks offenbaren sich zwar nicht selten als tanzbar, aber meist in gedrosseltem Tempo. Im Mittelpunkt des Werkes steht die starke, wandlungsfähige und stets entschlossen wirkende Stimme von Albash, die mittels mehrschichtigen Vocal-Arrangements zusätzlich Power und Dynamik ausstrahlt. Kommt hinzu, dass ihr Gesang geradezu stilprägend für ihre Mischung aus Synthie-Pop, flauschiger Electronica und melancholischem Downtempo ist. Der in Zusammenarbeit mit Musiker und Produzent Jeroen van Vulpen entstandene Longplayer versteht sich als feministische Ansage und politisches Statement zugleich, will jedoch auch unterhalten.
Die bereits anfangs September erschienene Single, «Your Body Is Your Master», eine Kollaboration mit Kallemi-Kollegin Jennifer «La Nefera» Perez, gibt die Marschrichtung vor: Schier hypnotische Trommelrhythmen treffen auf arabische Melodien, ploppende Beats und Harmonien, die mal schwärmerisch, mal jauchzend sind. Was wie die Vertonung eines erschöpfenden Derwischtanzes anmutet, soll gemäss Albash daran erinnern, immerzu auf seinen Körper zu hören und von diesem zu lernen – mit dem Ziel, destruktive Zyklen und Burn-outs zu vermeiden.
Auf der Suche nach Harmonie
Folgerichtig begibt sich das nachdenkliche «Care For Each Other» auf die Suche nach der Harmonie:
«We need to care for each other, come closer my friend»,
appelliert die Musikerin an ihr Gegenüber. Der anschliessende Titelsong «Goddess» hievt sich derweil zu treibenden Beats gleich selbst aufs Podest:
«This body is mine,
I love, I shine
My art is honest
Boy, I’m a goddess»
singt die 41-Jährige erhaben, stolz und wie von oben herab. Dies in der Absicht, sich gegen Belehrungen zu wehren und ihre Eigenständigkeit zu verteidigen. Was ihr mit dem Stück aufs Eindrücklichste gelingt.
Jasmin Albash - Goddess
«ClapClapClap», Albashs Abrechnung mit der Scheinheiligkeit und Oberflächlichkeit der Sozialen Medien, weist indes wieder mehr Bodenhaftung auf – trotz leicht affektierten, aber äusserst effektiven Vocals. Das Resultat? Ziemlich elegant und enorm eingängig. Auch weitere Lieder wie das schillernde «Poison» oder das hymnische «Let My Heart Speak» sind selbstbewusst, melodiestark, gekonnt und ausgefeilt. Durchaus polarisieren dürfte «War». Der Song mit verfremdeter Stimme, düsteren Grooves und wummernden Beats wirft einen wütenden Blick auf die Folgen des Gaza-Konfliktes:
«Why did they choose hate and pain as guidance/You have reached the sound of silence».
Es ist ein unverblümter und meinungsstarker Text zu einem komplexen Thema, der sowohl auf Zu- als auch auf Widerspruch stossen dürfte.
Nicht weniger nachdenklich, aber unmittelbarer präsentiert sich «Recover»: Der abschliessende Song handelt vom Abstandnehmen und dem Gang in die Einsamkeit, um wieder gesunden zu können. Von «Goddess» findet sich hier keine Spur. Stattdessen gewährt Jasmin Albash einen Einblick in ihre Gefühlswelt. Was von Verletzlichkeit und Mut zeugt. Zwar fällt das nur gut dreissig Minuten lange Album vielleicht etwas gar kurz aus, aber es bietet einen herbstlichen, vielschichtigen und wärmenden Soundtrack, in den man wunderbar eintauchen kann. Es ist nuancierte Musik, die bereichert und sich bestens nachfühlen lässt.
Jasmin Albash - Goddess
Das Album erscheint am 27. September 2024 bei Irascible Music und ist auf allen Plattformen verfügbar.
Verlosung
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Live
Die Platte wird am 25. Oktober in der Kaserne getauft: Tickets
Jasmin Albash
About Michael Gasser
Hat seine Liebe zur Musik mal zu seinem Job gemacht und beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit Pop, Rock und Folk. Der frühere Surprise-Chefredaktor und Redaktionsleiter des Kulturmagazins «041» gehört heute dem Pressebüro Kohlenberg in Basel an, wo er mehrheitlich für Behörden und Unternehmen textet – ganz vom Musikjournalismus mag er aber nach wie vor nicht lassen.