Mehmet Aslan - Auguri: Von flüchtigen Momenten und Zerbrechlichkeit
Die Entstehungsgeschichte von Mehmet Aslans neustem Werk greift tief: «Auguri» rückt den Schutz und Erhalt unseres Planeten ins Zentrum und setzt sich in sechs spannenden Werken dezidiert mit unseren Beziehungen zu anderen Lebewesen auseinander. Den Anspruch an ein harmonisches Gemeinsam bricht der Künstler auf eine paradoxe, und dennoch wunderbare Weise in disparaten Kompositionen.
Aline Fürer
Neugierde und Risikobereitschaft scheinen seit jeher Antrieb für das künstlerische Schaffen von Mehmet Aslan zu sein. Sein neustes Werk «Auguri», das auf dem Basler Imprint «Planisphere» erscheint, unterstreicht ebendiese Intention seines Tuns. Die sechsteilige LP setzt sich in vielschichtigen, gar gegensätzlichen Kompositionen mit den Fragen und Ängsten unserer Zeit auseinander, schafft dabei Nähe und zugleich Distanz zum Thema. Aslan scheut sich nicht, dahin zu schauen, wo es manchmal unbequem ist. Eine künstlerische Herangehensweise, die er bereits in der Vergangenheit – unter anderem mit seinem kosmischen Werk «The Sun Is Parallel» (Review) aus dem Jahr 2021 pflegte – und an der er auch mit «Auguri» festhält.
Mehmet Aslan beherrscht das Pendel zwischen Beständigkeit und Wachstum, zwischen Vertrautheit und Zurückhaltung. Geboren als Sohn türkischer Einwanderer und aufgewachsen in Basel, lebt Aslan heute in Berlin und hat sich über die Jahre seinen ganz eigenen Weg durch die hiesige Szene gebahnt. Der DJ, Produzent und Live-Act schöpft aus seiner türkisch-europäischen Identität, hegt eine Leidenschaft für das genreübergreifende Sammeln und Kuratieren von Musik und schafft sich so einen einzigartigen Mirko-Kosmos, wo alles seinen Platz findet.
Die Kraft des Miteinanders
Platz in Mehmet Alans Mikro-Losmos finden seit jeher immer wieder Kollaborationen. Der Künstler setzt seit seinen Anfängen auf die Kraft der Zusammenarbeit. So münden auch in «Auguri» die Visionen verschiedener Akteur*innen. Das Album trägt zum einen die Handschrift des griechischen Filmemachers Stratis Vogiazis, der sich intensiv mit dem Klimawandel und dessen Auswirkungen auf das uralte Zugverhalten von Vögeln beschäftigt. Zum anderen bereichert die Kunst des Designers Xavi Bou das Werk. Bou, fängt das Leben der Vögel sowohl als eine Kraft, als auch eine beobachtende Instanz ein. Auch wurzelt «Auguri» in der Zusammenarbeit mit dem zukunftsweisenden Festival «Nuits Sonores» in Lyon, welches Vogiazis und Aslan überhaupt erst zusammenbrachte. Gemeinsam kreierten sie für das Festival die audiovisuelle Performance «Bird Signals For Earthly Survival».
Bird Signals for Earthly Survival
Zwischen Bedrohung und Zuversicht
«Auguri» rückt die spektakulären Bewegungen von Vögeln als symbolische Kraft für die Salubrität unseres Planeten ins Zentrum. Deren Tanz am Himmel begleitet Mehmet Aslan in der sechsteiligen Veröffentlichung mit einem musikalischen Klangteppich, der sich zwischen brachialem Electro, verschrobenen Breaks, durchdringendem Ambient und modernem Folk-Psychedelia bewegt. Dabei gelingt es ihm, auf originelle Art und Weise, zwischen Bedrohung und Zuversicht – und allem, was dazwischenliegt – zu balancieren.
Der Opener «Spectra» trumpft mit einer brachialen Note und wird von einem treibenden, breakigen Fundament ebenso angetrieben, wie von einer eingehenden Melodie, die an ein aufweckendes Glockengeläut erinnert. Spannend, intensiv und kraftvoll. Der Titel-Track «Auguri» verschreibt sich neugierig den Zwischenwelten und beeindruckt mit einem originellen, hypnotischen Aufbau, der Aslans Talent unterstreicht, mit seinen Kompositionen fast schon kathartische Erfahrungen hervorzurufen. «Pigeon Blinks» bringt genau zur richtigen Zeit die willkommene Leichtigkeit – behutsam und wundersam psychedelisch beschreibt es das unerwartete Ausbrüten eines Eis an einem Küchenfenster.
«Euphoria» trägt die letzten Winde dieser Leichtigkeit weiter und setzt auf Klangfolgen in spannender Wechselwirkung. Mulitinstrumentalist Simon Popp alias POPP reichert das Stück mit perkussiven Elementen an. Während «Critters» in ein phantasmagorisches Kleid gehüllt ist, das Aslan mit eigens gesprochen Texten anreichert, mündet in «Aura» eines der wohl grossartigsten Werke des Künstlers. Hier schöpft Mehmet Aslan nochmals aus dem Vollen, verbindet Wehmut mit einem Hauch von Seligkeit, schafft Vertrauen und zugleich Distanz und findet letztlich zu einem imposanten Abschluss.
Mit «Auguri» schafft Aslan eine Verbindung zu einer höheren Ebene. Ein Werk, das Zerbrechlichkeit demonstriert, das innehält und zugleich das Momentrum vorüberziehen lässt und die Fragilität unser aller Daseins ins Zentrum rückt.
Mehmet Aslan - Auguri
Das Album erscheint beim umtriebigen und innovativen Label Planisphere Ltd und kann im Shop Hier gekauft werden. Unterstützt wurde das Album durch den RegioSoundCredit 2023/2.
«Auguri» wird in Übereinstimmung mit «EarthPercent», der von Brian Eno mitbegründeten Klimastiftung der Musikindustrie, veröffentlicht. Ein Teil der Einnahmen aus dem Projekt fliessen in der Folge an Initiativen zum Klimaschutz.
Vinyl Verlosung:
Wir verlosen ein Exemplar der 12' Vinyl unter allen, die ein Mail an uns schreiben.
Mehmet Aslan
Beiträge
7 500 CHF | RegioSoundCredit Tonträger, Musikvideo | 2023
4 000 CHF | Nominierung Basler Pop-Preis | 2022
4 000 CHF | RegioSoundCredit Tonträger | 2020
3 000 CHF | RegioSoundCredit Tonträger | 2019
2 000 CHF | RegioSoundCredit Tonträger | 2019
About Aline Fürer
Aline Fürer verantwortet die Redaktionsleitung des Online-Portals ubwg.ch (Unsere Beweggründe GmbH), das sich mit der elektronischen Musik- und Clubkultur in der Schweiz auseinandersetzt. Zudem ist sie als Musik- und Kulturschaffende in verschiedenen Projekten und Mandaten tätig – so hat sie unter anderem bei der ‘Techno Worlds’ / ‘The Pulse Of Techno’-Ausstellung in der Photobastei mitgewirkt, schrieb schon für das Groove-Magazin in Berlin und engagiert sich für diverse Musik- und Kulturinstitutionen- und Projekte in der Schweiz – so unter anderem für die Zukunft (Bar3000 / Waxy Bar), das m4music Festival oder die Zurich Music Week (ZMW). Als DJ und Produzentin gehört sie dem Zürcher Label Les Enfants Terribles (L.E.T) an und führt zudem ihr eigenes Event- und Musiklabel ‘The Pluto Question’ (TPQ).