IRIÉ: Liebeserklärungen an queeres Empowerment

Reviews
IRIÉ © Loan Schlaeppi
IRIÉ © Loan Schlaeppi

Das Duo Irié veröffentlicht diesen Sommer nicht nur eine, sondern gleich vier Hymnen des queeren Nachtlebens. Mit treibenden Beats, Selbstbewusstsein und Gesang auf Portugiesisch und Englisch fangen sie die Essenz einer Sommernacht als Klang ein.

Album Review

Noch auf der Suche nach dem Soundtrack des Sommers? Dann solltest du dir die neue EP von IRIÉ anhören.

IRIÉ sind Gabriella Plumettaz und Niria Kaufmann, beide aufgewachsen in Bern mit brasilianischen Wurzeln, die sie in die Lyrics und die Produktion ihrer Musik einfliessen lassen. Am ehesten lässt sich ihre Musik irgendwo zwischen Elektro-Pop, Techno und Tropical einordnen. Das Duo trat zum ersten Mal am feminstischen Streik in Bern 2022 auf und legte damit den Grundstein für die Musik, die noch folgen sollte: Empowering, rhythmusgeladen und queer. 2023 erschien das erste Album «Liquid». Jetzt, 2 Jahre später mit 4 Singles die laute und logische Konsequenz.

Beats und Freiheit

Der Zeitpunkt der letzten Singleveröffentlichung könnte nicht besser sein: Die Tracks verkörpern das Gefühl, spätnachts im Sommer auf einem Festival zu tanzen und zu spüren, dass sich da eine Connection zu einer anderen Person aufbaut. Den Beat im Ohr, den Herzschlag im Takt, die Körper in Bewegung, es ist heiss, es ist alles möglich. Das Album verkörpert queeres Verlangen und die Leichtigkeit, die in durchtanzten Nächten steckt.

Die vier Singles Loba, Limonada, Toca und Delicia erzählen von Freiheit und Lebensfreude und gleichzeitig verkörpern Rhythmen und Lyrics feministische Selbstermächtigung und Freiheit. Von gemächlich treibend bis zum hypnotischen Technobeat baut sich das Tempo über die Singles auf. Die Synthie-Sound und Spielereien mit Dialog und Alltagsgeräuschen mischen stets eine Portion Humor in die Tracks.

Mit Zärtlichkeit gegen das Patriarchat

Die Single LOBA befreit sich vom Gewicht des Patriarchats, setzt Kräfte frei durch die mantraartige Wiederholung des musikalischen Themas und Lyrics. Der Song setzt ein Zeichen dagegen, dass Queers und FLINTAs sich viel zu oft und zu lang kleinmachen mussten und bleibt dabei doch immer spielerisch und tanzbar. Der Synthie läuft bei diesem Song heiss und verstärkt die Wucht und die Wut, die immer im Hintergrund mitschwingt.

LIMONADA hingegen besingt die Momente der Begegnungen, umschlungen von Beats, Consent und die kleinen Freuden heisser Sommernächte. Immer wieder folgt die Zeile “I like it like that” und macht so unmissverständlich klar, dass queeres Begehren auch in Form einer kalt servierten Limo daherkommen kann. Hot!

TOCA legt tempomässig noch einen Zacken zu, repräsentiert quasi den Höhepunkt der Partynacht. Körper verlieren sich gemeinsam im Tanz, der Alltag ist weit weg und macht keine Anstalten, so schnell wiederzukommen. Zwischen den Technobeats erklingen Trommeln und Synthies, der ganze Song besteht aus purem Rhythmus. Dieser Song ist dazu gemacht, auf einer Anlage mit gutem Bass zu hören.

Die letzte veröffentlichte Single DELICIA wirkt aufgrund der mantraartigen Wiederholung der Lyrics und des konstanten Beats schon beinah hypnotisch und passt entweder an den Beginn oder das Ende dieser verheissungsvollen Nacht.

Tropisches Liveerlebnis

Wer kann, sollte sich Irié einmal live ansehen und die Energie aus nächster Nähe miterleben. Egal ob bei Tag oder bei Nacht, und auch wenn nicht mehr Sommer ist, denn dann heizen die Songs garantiert so sehr ein, dass man sich in die Tropennächte vergangener Monate zurückversetzt fühlt.

irié - LOBA
irié - LOBA

IRIÉ - Single Collection

Die 4 Singles sind zwischen April und Juli 2025 erschienen und überall streambar. Die Produktion wurde gefördert durch den RegioSoundCredit 2024/3.

IRIÉ

IRIÉ ©2024 zVg
IRIÉ ©2024 zVg
21/10/2024

4 000 CHF | RegioSoundCredit Tonträger | 2024
 

About Eliane Hofstetter

Eliane hat mal Medienwissenschaften und Soziologie studiert und ist dann in der Kommunikation gelandet. Sie arbeitet aktuell für die Kuppel, organisiert nebenbei eine queere Partyreihe mit, gestaltet Stickers, Collagen und feministische Motive und singt leidenschaftlich gern im Basler Beizenchor. Wenn dann noch genug Zeit bleibt, steht ein Konzertbesuch dick und fett in der Agenda.