Matthias Gusset - Wide-Eyed Promises: Millionen Emotionen

Läuft bei dir beim Arbeiten auch die Spotify-Playlist «Peaceful Piano» im Hintergrund? Dann kam dir bestimmt schon mal ein Werk von Matthias Gusset zu Ohren. Ein Song wie «Whistful Heart» verzeichnet bisher über zwei Millionen Streams. Heisst konkret: Es kann vorkommen, dass 50'000 Leute pro Tag die Musik des Basler Multi-Instrumentalisten hören. Und Matthias selbst? Bleibt bescheiden. Statt die Erfolge an die grosse Glocke zu hängen, konzentriert er sich lieber auf seine Projekte. Nebst seinem Alleingang als Komponist von neo- bis post klassischer Klaviermusik schlägt sein Herz für Indie und Pop. Diese Leidenschaft lebt er als Gitarrist bei den Moonpools oder aktuell als Keyboarder und Produzent mit den Lovebugs aus. Ach ja, und als Schlagzeuger ist Matthias auch noch unterwegs. Das brachte er sich auf dem E-Drum seines Vaters damals selbst bei.

Das neuste Solowerk heisst «Wide-Eyed Promises» und ist mit seinen emotionalen Pianotracks die logische Fortsetzung der drei Vorgängeralben «Burden», «Inbetween Birdsongs» und «3». Im Pressetext heisst es, ich zitiere: Das neue Album lebt von offenen Harmonien, sanften Melodien und einer subtilen, tiefen Emotionalität. Die Musik verzichtet bewusst auf technische Kunststücke und legt den Fokus auf den Fluss und die Natürlichkeit der Kompositionen.» Wenig überraschend eine treffende Formulierung.

Schön, wenn man auf der Aufnahme der Songs das Klappern des Klavierpedals hört. Wunderbar, wie nahtlos die einzelnen Stücke ineinander verschmelzen. Nur einzelne Akzente unterbrechen den Fluss. Kleiner Tipp hierzu: Hör dir das Album bitte am Stück an. Machst du bei deinen Vinylplatten schliesslich auch, oder? Das bringt gleich noch mehr Authentizität in die Sache rein. Sowieso ist «Wide-Eyed Promises» einmal mehr eine willkommene Abwechslung zum Bumm-Bumm-Sound, der uns normalerweise täglich um die Ohren ballert.

Als ehemaliger Klavierschüler möchte ich mich in Bezug auf das «stimmige Gesamtwerk», wie man in der Klassik sagen würde, musikalisch etwas aus dem Fenster lehnen. Ein Werk wie «Lost In You» erinnert mich an den Soundtrack des Films «Die fabelhafte Welt der Amélie» – insbesondere an das Stück «Comptine d'Un Autre Été». Bei «Unseen» kommt mir die Mondscheinsonate von Beethoven in den Sinn. Um nur zwei Beispiele zu nennen.

Tatsächlich sind solche grossen Vergleiche ganz klar als Kompliment zu verstehen. Welche Musikerin, welcher Interpret schafft so spielend leicht einen überzeugenden Mix aus Filmmusik und Klassik? Es fühlt sich gut an, wenn man innert Sekunden in eine andere Welt abtauchen darf. Man kann sich gut vorstellen, wie Matthias beim Komponieren am Klavier Ruhe findet und uns somit Zugang zu seiner Gefühlswelt verschafft. Als Hörer kann ich nur sagen: Die Übertragung seiner Gefühlswelt auf meine hat zu 100 Prozent funktioniert. Und Millionen von Streams auf Spotify beweisen, dass ich nicht der einzige bin, dem es so ergeht.

Benedikt Lachenmeier hat schon mit Bonnie Tyler Kaffee getrunken oder mit Thomas D. philosophiert. Zum Sound der Basler Musikszene gibt er ebenfalls gerne seinen Senf. Aber immer mit dem nötigen Respekt. Schliesslich ist der Journalist und Werbetexter selbst Musiker. Als Sänger und Gitarrist des Popduos Lexs zelebriert er die eingängigen Melodien. Als Inhaber und Gründer der Textagentur Textair lautet die Mission: kurze, knackige Texte, 100% Floskel-frei.